"Wir werden weiterhin berichten"Kreml geht stärker gegen Deutsche Welle vor

Mit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine schränkt Moskau verschiedene Medien ein, darunter auch die Deutsche Welle. Jetzt sieht der Sender einen neuen "Versuch, freie Medien zum Schweigen zu bringen". Abschrecken lassen sich die Journalisten davon nicht.
Russland hat den deutschen Auslandssender Deutsche Welle (DW) zur "unerwünschten Organisation" erklärt. Die Generalstaatsanwaltschaft sei einer Empfehlung der Staatsduma gefolgt, das Medium als "Vorreiter feindlicher antirussischer Propaganda" anzusehen, teilte der Parlamentsabgeordnete Wassili Piskarjow von der Kremlpartei Geeintes Russland mit. Er ist Vorsitzender der Kommission der Staatsduma für die Untersuchung von Fakten der Einmischung anderer Staaten in die inneren Angelegenheiten der Russischen Föderation. Von der Generalstaatsanwaltschaft selbst gab es bislang keine Mitteilung.
DW-Intendantin Barbara Massing kritisierte die Verschärfung des Vorgehens gegen freie Medien durch die russische Justiz. Sie kritisierte den Schritt als "Versuch, freie Medien zum Schweigen zu bringen". Das Vorgehen zeige, "wie wenig das Regime von Pressefreiheit hält und wie sehr es unabhängige Informationen fürchtet".
Die Behörden in Moskau stören sich seit Jahren an der Berichterstattung der DW. Das Außenministerium in Moskau hatte dem Büro und den Journalisten im Land die Akkreditierung entzogen. Seit Februar 2022 gilt ein Sendeverbot, die Webseite ist gesperrt. Seit März 2022 gilt die DW als "ausländischer Agent". Mit der Bezeichnung werden all jene, auch Blogger zum Beispiel, gebrandmarkt, die Geld aus dem Ausland erhalten.
Bundesregierung will weiter Geld geben
Die Bundesregierung kritisierte das russische Vorgehen gegen den deutschen Auslandssender scharf. Man verurteile "die fortgesetzte Repression gegen die Deutsche Welle aufs Schärfste", sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin. Er betonte: "Die Deutsche Welle leistet wirklich wertvolle Beiträge zur internationalen Verständigung und zur Verstärkung der freien Meinungsbildung. Sie hat da weltweit eine beachtliche Reichweite erreicht und ist eine wichtige Stimme."
Man setze sich deshalb weiterhin auch für die finanziellen Bedürfnisse des Senders ein. Die Bundesregierung stelle im aktuellen Bundeshaushalt 425 Millionen Euro für die DW bereit. "Das ist gut investiertes Geld im Sinne der Pressefreiheit, im Sinne der freien Information, im Sinne auch der Möglichkeit, dass eine deutsche Stimme für die Welt für faire und transparente Berichterstattung sorgen kann", sagte Kornelius.
"Trotz Zensur und Blockade unserer Angebote durch die russische Regierung erreicht die DW mit ihrem Russisch-Angebot heute mehr Menschen als zuvor", erklärte DW-Intendantin Massing. "Wir werden weiterhin unabhängig berichten - über den Angriffskrieg gegen die Ukraine und andere Themen, über die in Russland kaum Informationen verfügbar sind."
DW umgeht Zensur
Menschen, die Inhalte der DW nutzen, sich von ihr interviewen lassen oder für sie arbeiten, müssen dem Sender zufolge nun strafrechtliche Konsequenzen in Russland befürchten. Schon das Teilen von Inhalten gelte als Straftat - etwa das Teilen von journalistischen Beiträgen auf Social Media. Für russische Staatsangehörige gelte das Verbot der Zusammenarbeit auch außerhalb des russischen Staatsgebiets. Somit seien russische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DW direkt betroffen.
Die DW setze auf digitale Plattformen und technische Vorkehrungen zur Umgehung der Zensur. Das russischsprachige Angebot sei 2025 wöchentlich von zehn Millionen Menschen genutzt worden und zähle damit zu den zehn nutzungsstärksten Angeboten der DW.
Die Deutsche Welle ist der Auslandssender Deutschlands. Sie ist öffentlich-rechtlich organisiert. Anders als die ARD-Landesrundfunkanstalten, das Deutschlandradio und das ZDF wird die DW nicht durch den Rundfunkbeitrag finanziert, sondern aus Steuermitteln des Bundes. Die DW verbreitet nach eigenen Angaben als unabhängiges Medienunternehmen freie Nachrichten und Informationen in 32 Sprachen in aller Welt.
Die russische Justiz hat neben Medien auch Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen als "unerwünscht" eingestuft. Die Liste der Betroffenen wird immer länger. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte die Zensurmaßnahmen in Russland einmal selbst als beispiellos bezeichnet und sie als notwendig begründet angesichts des "Informationskrieges", der Moskaus Invasion in der Ukraine begleitet.