Evakuierung in Mariupol Kreml kündigt Feuerpause an Stahlwerk an
04.05.2022, 23:58 Uhr
Rauch steigt über dem Stahlwerk Asowstal in Mariupol auf.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Russland dementiert Angaben der Ukraine, wonach es Truppen zu einem Großangriff auf das Stahlwerk Asowstal entsendet. Dennoch bietet Moskau nun eine über mehrere Tage andauernde Waffenruhe an, um Zivilisten zu retten, die sich gemeinsam mit dem Asow-Regiment auf dem Gelände verschanzt haben.
Russland hat eine Feuerpause an drei Tagen zur Evakuierung von Zivilisten aus dem Asow-Stahlwerk im südukrainischen Mariupol angekündigt. Die russischen Streitkräfte würden am Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils von 8 bis 18 Uhr (7 -17 Uhr MESZ) Fluchtkorridore für Zivilisten aus dem Industriekomplex öffnen, kündigte das russische Verteidigungsministerium an. In der Zeit würden "alle Feindseligkeiten einseitig" eingestellt. Die Zivilisten könnten nach Russland oder in die ukrainisch kontrollierten Gebiete reisen.
Mariupol ist nach wochenlanger russischer Belagerung und Angriffen weitgehend zerstört, das Stahlwerk ist der letzte Rückzugsort ukrainischer Soldaten in der strategisch wichtigen Hafenstadt. Nach ukrainischen Angaben sitzen noch zahlreiche Zivilisten sowie Hunderte verletzte Soldaten in ausgedehnten Tunnelanlagen auf dem Werksgelände fest.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief UN-Generalsekretär António Guterres auf, das Leben der in dem Stahlwerk festsitzenden verwundeten Soldaten zu retten und bei ihrer Evakuierung zu helfen. "Das Leben der Menschen, die dort bleiben, ist in Gefahr. Alle sind für uns wichtig", sagte Selenskyj in einem Telefongespräch mit Guterres.
Bürgermeister berichtet von heftigen Kämpfen
Den Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) war es zuvor in einem fünftägigen Evakuierungseinsatz gelungen, mehr als hundert Zivilisten aus dem Stahlwerk zu retten. Bürgermeister Wadym Boitschenko berichtete am Mittwoch von heftigen Kämpfen auf dem Gelände. Der Kontakt zu den dort verschanzten ukrainischen Soldaten sei abgebrochen. Laut Bürgermeister Boitschenko befanden sich noch etwa 200 Zivilisten auf dem Gelände des Asow-Stahlwerks.
Das in dem Werk verschanzte Asow-Regiment hatte der russischen Armee am Dienstag vorgeworfen, einen Großangriff mit Bodentruppen und Panzern auf die Anlage gestartet zu haben. Moskau wies die Berichte über eine Erstürmung zurück.
Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk berichtete im Onlinedienst Telegram, am Mittwoch seien insgesamt 334 Menschen aus Mariupol und Umgebung gerettet worden. "Das ist ein weiterer kleiner Sieg für uns", schrieb Wereschtschuk.
Der Vizechef des russischen Präsidialamtes, Sergej Kirijenko, besuchte Mariupol. Das berichtete das Oberhaupt der Separatistenrepublik Donezk, Denis Puschilin, auf Telegram. Der frühere russische Regierungschef Kirijenko organisiert im Kreml für Präsident Wladimir Putin die russische Innenpolitik. Den Angaben zufolge besuchte er in Mariupol das Ilitsch-Stahlwerk und den Hafen.
Kirijenko und der Generalsekretär der Kremlpartei Geeintes Russland, Andrej Turtschak, besuchten auch die Stadt Wolnowacha. Die Menschen in der Volksrepublik Donezk verstünden den Besuch des ranghohen Kremlbeamten als Symbol, "dass Russland für immer hierher zurückgekehrt ist", schrieb Puschilin. Kurz vor dem Angriff auf die Ukraine hatte Russland die 2014 abgespaltenen sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine als unabhängig anerkannt.
Quelle: ntv.de, lve/AFP/dpa