Politik

Strategisch bedeutsames Nadelöhr Krim-Brücke nach schwerer Explosion gesperrt

Auf der Brücke bei Kertsch, die die Krim und das russische Festland verbindet, kommt es zu einem schweren Zwischenfall. Ein Großbrand legt den Verkehr auf dem längsten Bauwerk Europas lahm. Russlands Präsident Putin hatte die Brücke 2018 persönlich eingeweiht.

Auf der Brücke, die die Halbinsel Krim mit dem russischen Festland verbindet, hat sich am frühen Morgen eine schwere Explosion ereignet. Die genaue Ursache des Vorfalls ist noch unklar. Nach Einschätzung der russischen Behörden soll eine Autobombe explodiert sein. Die Detonation löste auf der parallel verlaufenden Eisenbahnbrücke einen Großbrand aus. Dort befand sich zum Zeitpunkt des Vorfalls ein Güterzug mit Tankwaggons, die offenbar Treibstoff geladen hatten.

Bei dem Vorfall kamen russischen Angaben zufolge mindestens drei Menschen ums Leben. Das nationale Ermittlungskomitee teilte mit, dass Leichen aus dem Wasser gezogen worden seien. Es handele sich um vorläufige Angaben, hieß es. Die Menschen sollen in Fahrzeugen gesessen haben, als am Morgen auf der Autostrecke der Krim-Brücke ein vom Festland kommender Lastwagen explodiert sei.

Durch die Explosion seien sieben mit Treibstoff gefüllte Kesselwagen eines Güterzugs in Brand gesetzt worden. Dadurch wiederum seien Teile der Fahrbahn eingestürzt, hieß es. Erste Bilder aus russischen Quellen zeigen massive Schäden: Teile der Fahrbahnkonstruktion stürzten ein, die Schienenverbindung scheint durch den teilweise ausgebrannten Zug zumindest blockiert.

Für die russische Invasion in der Ukraine hat die Krim-Brücke enorme strategische Bedeutung: Über die Brücke laufen große Teile der militärischen Versorgung der Krim und der Front im Süden der Ukraine. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die Krim-Brücke 2018 persönlich eröffnet. Die umstrittene gilt als Symbol für den russischen Machtanspruch auf die Krim.

Wie genau es zur Explosion kommen konnte, ist noch ungeklärt: Die russischen Behörden schlossen auffallend früh naheliegende Spekulationen um einen möglichen ukrainischen Luftschlags aus. Um 6.07 Uhr (Ortszeit Kertsch) sei ein Fahrzeug auf der Brücke explodiert, teilte das nationale Anti-Terror-Komitee in Moskau bereits Stunden nach dem Vorfall mit. Im Netz kursieren Bilder von Überwachungskameras, die eine enorme Explosion am Ort des Geschehens zeigen. An der Fahrbahn seien Schäden entstanden, der Verkehr ist seitdem nach Angaben der Behörden unterbrochen. Geprüft werde eine Fährverbindung, teilte die Regierung in Simferopol mit.

Dem Anschein nach brannten mehrere Waggons mit Treibstoff vollkommen aus, wie auf ersten Fotos zu sehen war. Betroffen ist demnach ein Abschnitt in der Meerenge von Kertsch wenige Hundert Meter südöstlich der weithin sichtbaren Bogenbrücke. Über die Kertsch-Brücke verläuft auf der nördlichen Seite eine vierspurige Autobahn. Die Schienenverbindung ist zweigleisig. Beide Trassen der Brücke, also Straße und Gleise, bestehen größtenteils aus einer Trägerkonstruktion aus Stahl-Elementen, die auf Betonpfeilern ruhen.

Zur Ursache der Explosion machten russische Stellen am Morgen zeitweise widersprüchliche Angaben. Der Berater der Krim-Führung, Oleg Krjutschkow, erklärte russischen Medien zufolge zum Beispiel, das Feuer sei in einem Behälter am Ende eines Güterzuges ausgebrochen. Die im Netz kursierenden Aufnahmen von der Explosion Bilder lassen jedoch eher den Schluss zu, dass die massiven Schäden auf eine Explosion auf der Straßenbrücke zurückgehen dürften. Wie Bilder von Überwachungskameras belegen, fuhr zum Zeitpunkt der Explosion dort ein Lastkraftwagen von der russischen Seite kommend Richtung Krim.

Droht ein Vergeltungsschlag aus Moskau?

Es gab in der Hauptstadt Kiew immer wieder Drohungen, die von Kremlchef Putin 2018 persönlich eingeweihte Brücke zwischen der Halbinsel und dem russischen Festland unter Beschuss zu nehmen. In den vergangenen Wochen war es auf der russisch besetzten Krim mehrfach zu Explosionen gekommen, die schwere Schäden verursacht hatten. Getroffen wurden dabei vor allem Militärstützpunkte und Luftwaffenbasen.

Beobachter auf beiden Seiten gehen davon aus, dass es sich bei diesen früheren Angriffen um gezielte ukrainische Luftschläge gehandelt haben dürfte. Die russische Krim-Brücke lag nach Einschätzung westlicher Beobachter bisher außerhalb der Reichweite ukrainischer Raketen. Russland hat mehrfach eindringlich davor gewarnt, die Brücke - ein zentrales strategisches Bauwerk - unter Beschuss zu nehmen und für den Fall auch damit gedroht, Kommandozentralen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ins Visier zu nehmen.

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Die ukrainische Führung fordert seit Monaten schwere Waffen mit größerer Reichweiten aus dem Westen. Mit weitreichenden Präzisionsraketen, hieß es, könnten die Ukrainer dann auch Krim-Brücke zerstören und so den russischen Nachschub auf die Halbinsel unterbinden. Mit 19 Kilometern Länge gilt die Krim-Brücke als längstes Bauwerk Europas. Passagierzüge rollen seit Ende 2019, Güterzüge seit Sommer 2020.

Die Sprecherin des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny teilte ein Video von dem Feuer und den Schäden in den sozialen Netzwerken - und kommentierte, dass es sich wohl um ein Geschenk zum 70. Geburtstag Putins handele. Der Kremlchef hatte das Jubiläum am Freitag in seiner Heimatstadt St. Petersburg begangen.

Quelle: ntv.de, mmo/jaz/AFP/dpa

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