Doch Einigung bei EU-Gipfel? Kurz und Rutte geben sich optimistisch
20.07.2020, 12:09 Uhr
Die "Sparsamen Vier" mit dem neuen Verbündeten Finnland. Rutte und Kurz sitzen mit ihren Kollegen Frederiksen, Löfven und Marin aus Dänemark, Schweden und Finnland beisammen.
(Foto: imago images/Xinhua)
Seit Freitag diskutieren, streiten und verhandeln die Regierungschefs der EU um das Corona-Hilfspaket und den Haushalt für die kommenden Jahre. Noch immer steigt kein sprichwörtlicher weißer Rauch auf - doch Äußerungen von Österreichs Kanzler Kurz und dem niederländischen Premier Rutte machen Hoffnung auf eine Einigung.
Trotz heftiger Diskussionen bis in die frühen Morgenstunden beim EU-Sondergipfel scheint eine Einigung zum Corona-Hilfsfonds in Reichweite. Die Regierungschefs Österreichs und der Niederlande, Sebastian Kurz und Mark Rutte, zeigten sich am Morgen zufrieden mit den Verhandlungen. Der Widerstand dieser beiden sowie der skandinavischen EU-Mitglieder gegen die Vergabe der Corona-Hilfen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gilt als Knackpunkt in den mittlerweile viertägigen Verhandlungen.
Die Verhandlungen seien zwar noch nicht fertig, "aber wir können sehr zufrieden sein", sagte Kurz. Er hob hervor, dass der Anteil der Zuschüsse in dem geplanten 750 Milliarden Euro schweren Fonds deutlich gesenkt wurde. Auch dass die Rabatte, die Österreich auf seine Beiträge in den Gemeinschaftshaushalt erhält, "sehr stark" gestiegen seien, stimmte den Kanzler zuversichtlich, eine Einigung zu erzielen.
Ähnlich äußerte sich der Niederländer Rutte. Es habe "einige Fortschritte" gegeben. Am Sonntagabend noch sei er von einem Scheitern der Gespräche ausgegangen, "aber es sieht etwas hoffnungsvoller aus".
Auch Merkel und Macron hoffnungsvoll
Auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sieht die Möglichkeit einer Einigung auf dem EU-Gipfel. "Aber ich bleibe extrem vorsichtig", sagte er. Man sei vorangekommen in der Frage des Umfangs des Aufbaufonds für besonders von der Corona-Krise betroffene Staaten. "Es gibt einen Geist des Kompromisses", sagte er und verwies darauf, dass man ausreichende Mittel etwa für die Digitalisierung Europas brauche.
Nun müsse man noch regeln, unter welchen Bedingungen Mittel aus dem Aufbaufonds ausgezahlt würden. Zudem müsse die Koppelung von Zahlungen aus dem EU-Haushalt an das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit geklärt werden. Er arbeite sehr eng mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen, um einen Durchbruch zu erreichen. Man müsse Risiken eingehen, um in einer so schwierigen Lage voranzukommen, mahnte Macron. Ansonsten werde es für alle teurer.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie setze auf eine Einigung am vierten Tag des EU-Gipfels. "Wir haben gestern Nacht nach langer Verhandlung einen Rahmen für eine mögliche Einigung erarbeitet", sagte Merkel vor der Wiederaufnahme der Beratungen. "Das ist ein Fortschritt und gibt Hoffnung, dass es heute zu einer Einigung kommt", fügte Merkel hinzu.
Macron haute auf den Tisch
Bereits in der Nacht zum Sonntag hatte es bei den seit Freitag andauernden Verhandlungen intensive Diskussionen gegeben. Gespräche in kleineren Gruppen im Lauf des Sonntags brachten dann keinen Durchbruch. In den vergangenen nächtlichen Verhandlungen soll dann vor allem Macron seinen Unmut über die Haltung der "sparsamen" Länder Österreich, Niederlande, Dänemark, Schweden sowie Finnland kundgetan haben.
"Er hat auf den Tisch gehauen und gewarnt, dass eine derartige Haltung schlecht enden wird", sagte ein Mitglied der Delegation eines EU-Landes. Macron habe ihnen unter anderem vorgeworfen "egoistisch" zu sein, berichtete ein Zeuge der Verhandlungen. Auch stauchte er demnach Kurz zusammen, als dieser sich erhob, um außerhalb des Raumes ein Telefonat entgegenzunehmen.
Rutte tat die Kritik ab. "Mir ist das nicht so wichtig", sagte er im Anschluss. Er lasse sich davon nicht "ablenken". Kurz hob den insgesamt "sehr professionellen" Umgang aller miteinander hervor. "Dass da bei manchen, wenn sie vielleicht wenig schlafen, irgendwann die Nerven blank liegen, das ist nachvollziehbar."
EU-Ratspräsident Charles Michel unterbrach die Verhandlungen schließlich am frühen Morgen. Bis zum Nachmittag werde er einen neuen Kompromissvorschlag vorlegen, der dann den Durchbruch bringen soll, hieß es aus Verhandlungskreisen.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/rts