Politik

Impfdiskussion bei Illner Lauterbach: "Antigentest nicht kaputtreden"

Immerhin zeigten Antigentests, ob jemand gerade ansteckend sei, erklärt Lauterbach.

Immerhin zeigten Antigentests, ob jemand gerade ansteckend sei, erklärt Lauterbach.

(Foto: imago images/Jens Schicke)

Die Omikron-Welle bringt neue Herausforderungen in der Pandemiebekämpfung mit sich. Am Donnerstag werden erstmals mehr als 200.000 neue Infektionen gemeldet, die Testkapazitäten kommen an ihre Grenzen. Der Bundesgesundheitsminister verteidigt bei Maybrit Illner die geplante PCR-Priorisierung.

Gibt es im Kampf gegen Corona Licht am Ende des Tunnels? Immerhin sind die Krankheitsverläufe mit der aktuellen Omikron-Variante schwächer. Dafür ist die Inzidenzrate in Deutschland am Donnerstag auf einen Wert über 1000 gestiegen. Die Diskussion über eine mögliche allgemeine Impfpflicht dauert an. Und selbst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der sich dafür einsetzt, schließt am Ende einen Kompromiss nicht aus. Das sagte der Minister bei Maybrit Illner im ZDF.

Der Streit um die Impfpflicht geht auch durch die Regierungskoalition. Doch aktuell gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Probleme. Eines davon ist die zu geringe PCR-Testkapazität in Deutschland. Für viele Menschen soll es künftig nur noch Antigentests geben.

Im vergangenen Jahr hatte Karl Lauterbach über Antigentests eine klare Meinung: "Die sind nicht so super." Da war er noch nicht Gesundheitsminister und die PCR-Testkapazitäten waren noch für jeden ausreichend. Jetzt hört sich das ganz anders an. "Ganz so schlecht sind die Antigentests auf keinen Fall", sagt er am Donnerstagabend bei Maybrit Illner. Ja, bei Beschäftigten im Gesundheitswesen zum Beispiel, da seien PCR-Tests wichtig, auch bei vulnerablen Gruppen. "Da muss ich sofort wissen, ist der Test positiv oder nicht." Für den Rest seien die Antigentests eigentlich auch sehr gut, sagt Lauterbach. Sie könnten zumindest anzeigen, ob ein Corona-Infizierter ansteckend sei oder nicht. "Ich übersehe den Einen oder Anderen damit in der frühen Infektionsphase, aber da sind die Menschen auch nicht so ansteckend. Man darf den Antigentest nicht kaputtreden."

"Impfung ist ein Segen"

Das Problem bei den PCR-Tests seien die hohen Infektionszahlen. Es fehle an Personal, Reagenzien und anderen Materialien, erklärt Lauterbach die aktuelle Testknappheit. Virologe Carsten Watzl sieht noch ein anderes Problem: die Datenlage. Er erklärt, dass sich bisher etwa neun Millionen Menschen mit dem Virus infiziert haben, doch es gebe eine sehr hohe Dunkelziffer. Ob diese Menschen auch geimpft seien, wisse man nicht.

Die FDP-Politikerin Linda Teuteberg wünscht sich eine vorausschauende Politik. Für sie gibt es nicht nur einen einzigen Königsweg aus der Corona-Krise. Testen sei genauso wichtig wie das Impfen. "Impfen ist ein Segen", sagt die Politikerin, die jedoch eine allgemeine Impfpflicht ablehnt.

Thorsten Frei von der CDU fordert vor allem mehr Planbarkeit. Er kritisiert die Herabsetzung des Genesenenstatus von Infizierten von sechs auf drei Monate, die von einem auf den anderen Tag erfolgt sei. Hier räumt Lauterbach eine "Kommunikationsfehlleistung" ein. Das will Thorsten Frei so nicht stehenlassen: "Das ist nicht nur eine Kommunikationspanne, so was zerstört auch Vertrauen", ist seine Meinung.

Lauterbach verteidigt den Schritt. Er weist darauf hin, dass sich von Delta Genesene nach drei Monaten schon mit der neuen Omikron-Variante infizieren könnten. Da stimmt auch Carsten Watzl zu. Er findet jedoch, dass sich dann auch Menschen, die zweimal geimpft seien, nach drei Monaten boostern lassen sollten.

Watzl fordert Impfpflicht in Pflegeheimen auch für Bewohner

Ein wichtiger Termin in der aktuellen Impfpflichtdebatte ist der 15. März. Dann soll die einrichtungsbezogene Impfpflicht eingeführt werden. Sie soll vor allem in Krankenhäusern und Pflegeheimen gelten. Viele Experten fürchten dadurch noch größere Probleme im Pflegebereich. Sie erwarten jede Menge Kündigungen von Pflegepersonal, das einer Impfung skeptisch gegenübersteht.

Thorsten Frei sieht das locker. Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gebe es in Frankreich seit Monaten, und dort sei die Zahl der Kündigungen überschaubar geblieben. "Ich habe viel Verständnis für diese Befürchtungen. Aber wir haben im Pflegebereich eine Durchimpfungsrate von über 90 Prozent." Er glaubt nicht daran, dass es viele Kündigungen beim Pflegepersonal gebe, weiß aber auch, dass das zum Beispiel bei Pförtnern sowie beim Küchen- oder Reinigungspersonal durchaus anders sein kann.

Carsten Watzl geht die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht weit genug. Er findet, sie hätte auch die Bewohner von Pflegeheimen mit einschließen sollen. "Wenn ich in einem Pflegeheim arbeite, dann muss ich geimpft sein, wenn ich da wohne aber nicht", kritisiert er.

Was das Impfen ganz allgemein angeht, erwartet Lauterbach in den nächsten Wochen einen neuen Schub. "Wir bekommen am 21. Februar 1,4 Millionen Dosen des neuen Impfstoffs von Novavax, eine Woche darauf noch mal eine Million. Damit kann man schon arbeiten." Dieser Impfstoff werde an die Länder weitergegeben, die damit die Impfungen in den Pflegeeinrichtungen beschleunigen könnten. Novavax funktioniert ähnlich wie ein Grippeimpfstoff. Experten glauben, dass er besonders für Menschen interessant ist, die gegen die zurzeit verwendeten mRNA-Impfstoffe Vorbehalte haben.

"Wofür brauchen wir eine Regierung?"

Wenn es um die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht geht, sind die Fronten bei den Gästen bei Maybrit Illner klar: Die beiden Virologen Lauterbach und Watzl sind dafür, Teuteberg will sie nicht. Frei ärgert vor allem, dass die Ampelregierung keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Und dazu kommt es dann zu einem recht heftigen Schlagabtausch in der Sendung.

Lauterbach erklärt zunächst, warum er keinen eigenen Vorschlag gemacht hat: "Das wäre doch eine Farce gewesen." Er werde sich aber einem anderen Antrag anschließen. Nach Ansicht von Thorsten Frei wäre es richtig gewesen, wenn die Bundesregierung einen eigenen Gesetzentwurf beschlossen hätte, über den dann jeder Abgeordnete nach seinem Gewissen abgestimmt hätte. "Warum haben Sie das nicht gemacht?", fragt er. Lauterbachs Antwort: "Weil wir uns dafür nicht entschieden haben." Frei wiederholt seinen Vorwurf, und Lauterbach erklärt: "Wenn wir uns entscheiden, wir machen kein Gesetz, dann ist es die Entscheidung der Abgeordneten, eines zu machen."

"Und wofür brauchen wir dann eine Regierung?", fragt Frei. Lauterbach antwortet: "Für alles andere."

Nun springt seine Koalitionskollegin Teuteberg dem Minister bei: "Wir haben in der Pandemie an einigen Stellen zu wenig Debatten gehabt, und ein selbstbewusster Bundestag ist doch auch eine gute Sache."

Immerhin war für kurze Zeit ein bisschen Leben in der Bude - bei einer ansonsten etwas eintönigen, aber zumindest recht informativen Talkshow.

Quelle: ntv.de

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