"Waren keine Infektionsherde" Lauterbach: Kita-Schließungen wegen Corona unnötig
02.11.2022, 15:37 Uhr
Deutschland geht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen aus den letzten Corona-Jahren in eine mögliche Winterwelle. Kita-Schließungen soll es demnach künftig nicht mehr geben. Gesundheitsminister Lauterbach hält einige Einschränkungen aber für unumgänglich.
Die Schließung von Kindertagesstätten während der Corona-Pandemie war aus heutiger Sicht nicht notwendig. Das ergibt sich aus neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei der Vorstellung einer aktuellen Studie sagte. "Die Kitas waren keine Infektionsherde", sagte Lauterbach. Die Inzidenz liege bei Kita-Kindern noch hinter der von Grundschulkindern und Jugendlichen. Die Übertragungsrate habe im Untersuchungszeitraum bei 9,6 Prozent gelegen.
"Das müssen wir beachten, wenn wir jetzt in die Winterwelle hineingehen", sagte Lauterbach weiter. Kontaktreduktionen, die Bildung kleiner Gruppen, Masken bei Erwachsenen und das Lüften seien wichtig. "Aber das Schließen von Kitas ist medizinisch definitiv nicht angemessen."
Insgesamt gibt es nach Lauterbachs Einschätzung derzeit aber keinen Grund für eine Entwarnung in der Corona-Pandemie. Es gebe "allenfalls eine Atempause". Die Krankenhäuser arbeiteten am Limit und "die neuen Varianten bauen sich auf". Lauterbach mahnte daher zur Vorsicht. Aber "wir sind gut vorbereitet durch die Impfkampagne". Es gebe von Tag zu Tag bis zu 100.000 neue Impfungen, zudem gebe es das Pandemieradar und das Abwassermonitoring.
Paus: Sozial Benachteiligte trifft es härter
Sozial benachteiligte Kinder waren besonders oft von negativen Folgen wie Infektionen und Kita-Schließungen betroffen, wie aus der von Lauterbach und Familienministerin Lisa Paus vorgestellten Studie hervorgeht. "Kinder haben in der Pandemie bereits erheblich gelitten - oft weniger am Virus selbst als an den Folgen der Eindämmungsmaßnahmen", erklärte Paus. "Besonders erschreckt mich, dass ausgerechnet sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche besonders stark betroffen sind und so viele Kinder und Jugendliche psychische Belastungen zeigen."
Gerade die Kinder, die am dringendsten Zugang zu früher Bildung und Förderung benötigten, unterlägen oft den stärksten Einschränkungen. "In Zukunft muss das Kindeswohl unbedingt an oberster Stelle stehen." Hier gehe es um die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen und um Chancengerechtigkeit.
Klinikmilliarden sollen zügig kommen
Lauterbach versprach zudem eine zeitnahe Entlastung der Krankenhäuser. Die angekündigten Milliardenhilfen sollen "sehr schnell" kommen. "Ich glaube, dass wir mit dem Geld rechtzeitig auf dem Platz sein werden. Es wird kein Krankenhaus in unmittelbare Not geraten, auf der Grundlage gestiegener Energiepreise. Das kann ich ausschließen", sagte Lauterbach. Es werde kein Krankenhaus vom Netz gehen, weil Energie fehle.
Bund und Länder wollen am Nachmittag über das Thema sprechen. In einer Beschlussvorlage zu den Beratungen ist die Rede von einer Härtefallregelung "für Bereiche, in denen trotz der Strom- und Gaspreisbremse finanzielle Belastungen bestehen, die von den Betroffenen nicht ausgeglichen werden können". Dafür sind insgesamt 12 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds vorgesehen, bis zu 8 Milliarden davon für Krankenhäuser, Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen. Der Fonds war in der Pandemie für Unternehmenshilfen eingerichtet worden und wurde nun für die Abfederung der aktuellen Krise mit bis zu 200 Milliarden Euro ausgestattet.
Lauterbach, der nach eigenen Angaben an den Verhandlungen teilnimmt, sagte, Bund und Länder seien bei dem Thema einer Meinung. Er kündigte eine Verordnung seines Hauses an, um die in Rede stehenden zusätzlichen 8 Milliarden Euro für Kliniken und Pflegeeinrichtungen zur Verfügung zu stellen.
Quelle: ntv.de, mdi/AFP/dpa