Umweltministerin im "Frühstart" Lemke kann Atommüll-Endlager bis 2050 nicht garantieren
11.11.2022, 09:43 Uhr
Die Suche nach einem Endlager dauert länger - und damit könnte sich auch der Start verschieben, gibt Umweltministerin Lemke zu. Eine weitere Laufzeitverlängerung von AKW lehnt sie ab. Das Atomzeitalter in Deutschland ende im April.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke kann den gesetzlich vorgesehenen Betriebsstart eines Endlagers für radioaktive Abfälle bis 2050 nicht mehr garantieren. "Das kann ich im Moment nicht", sagte die Grünen-Politikerin im "Frühstart" von ntv.
Am Donnerstag hatte Lemkes Ministerium angekündigt, dass sich die Suche nach einer Lagerstätte über 2031 hinaus hinziehen werde. Die Zahl 2050 wolle sie nicht kommentieren, so Lemke. Ihr Ministerium wolle zuerst mit der zuständigen Bundesgesellschaft für Endlagerung und der Atomaufsicht Gespräche führen. Zum Zeitplan der Endlagersuche sagte die Ministerin: "Wir werden mit Hochdruck das Tempo halten, aber die Spanne wird sich jetzt etwas nach hinten verschieben."
Lemke begründete die Verzögerung damit, dass man "Neuland" betrete. Weltweit sei noch kein einziges Endlager in Betrieb. Es müsse ein ganz neues Prinzip für die extrem lange Lagerung des radioaktiven Mülls entwickelt werden. "Wir wollten es anders machen als damals, als mit einer politischen Entscheidung einfach für Gorleben entschieden wurde von Vorgängerregierungen." Damals sei es nicht um die Sicherheit gegangen, sondern darum, das Endlager möglichst an die Grenze zur damaligen DDR zu setzen. "Wir sagen, Sicherheit muss der Maßstab sein, weil wir Müll für viele Generationen hinterlassen, der hochgiftig, der strahlend ist."
"Atomzeitalter geht definitiv zu Ende"
Kurz vor dem Beschluss des Bundestags zum Streckbetrieb der drei letzten Atomkraftwerke erteilte Lemke Forderungen nach einer Laufzeitverlängerung darüber hinaus eine Absage. "Das Gesetz sagt eindeutig, dass am 15.4. abgeschaltet wird, dass keine neuen Brennelemente beschafft werden sollen", so die Grünen-Politikerin. Sie bejahte die Frage, ob damit das Atomzeitalter in Deutschland definitiv zu Ende gehe. "Wenn man die AKWs darüber hinaus laufen lassen würde, dann würde man damit quasi wieder einsteigen." Es würde dann um mehrere zusätzliche Jahre der Nutzung gehen, sagte die Ministerin.
Die Laufzeit der drei verbliebenen AKW werde lediglich um dreieinhalb Monate verlängert, um einen gewissen Beitrag zur Energiesicherheit in diesem Winter zu leisten. Atomkraft sei aber dauerhaft keine sichere Technologie. "Und deshalb sagen wir, danach soll wirklich Schluss sein." Das Risiko einer unsicheren Gasversorgung, höherer Strompreise und möglicher Blackouts infolge des Atomausstiegs wies Lemke zurück. Man müsse die erneuerbaren Energien ausbauen und Energie aus mehr unterschiedlichen Quellen und Ländern beziehen.
"Solidarität im Klimaschutz verankern"
Vor ihrer Reise zur Weltklimakonferenz forderte die Umweltministerin größere deutsche Klimahilfen für ärmere Staaten als bisher zugesagt. Sie sprach sich für Hilfen von acht statt der bisher vereinbarten sechs Milliarden Euro pro Jahr aus. Außerdem kündigte sie einen in Zukunft höheren Beitrag zum geplanten globalen Schutzschirm bei Klimakatastrophen an. Im ersten Schritt steige Deutschland mit 170 Millionen Euro ein. "Das wird nicht das Ende des Tages sein."
Konkrete Zusagen zum Ausgleich von Verlusten und Schäden in vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern wollte Lemke nicht machen. Die bisher geplanten Finanzhilfen seien auch ein Schutzschild gegen die Folgen der Klimakrise. Lemke sagte aber auch: "Wir wollen Solidarität verankern im Bereich des Klimaschutzes. Das ist ein wichtiges Verhandlungsziel für uns in Ägypten." Länder, die bereits von klimabedingten Naturkatastrophen betroffen seien, würden zurecht Unterstützung von Staaten fordern, die einen größeren Anteil am Klimawandel hätten. "Ich hoffe, dass die globale Staatengemeinschaft sich da auf einen guten Ausgleich verständigen wird."
Quelle: ntv.de, psc