"Das sind keine Kinkerlitzchen" Letzte Generation stößt auf breite Ablehnung in der Politik
25.04.2023, 03:31 Uhr Artikel anhören
Die mit den Händen auf die Straße geklebten Aktivisten mussten teils aufwändig von den Einsatzkräften vom Untergrund gelöst werden.
(Foto: IMAGO/Jochen Eckel)
Nach einem Tag Blockade der Hauptstadt schlägt der Letzten Generation nicht nur auf der Straße Zurückweisung entgegen. Aus Regierung und Opposition kommt teils heftige Kritik an den Aktionen der Aktivistengruppe - auch von den Grünen.
Angesichts massiver Verkehrsbehinderungen durch Klimaaktivisten der Letzten Generation in Berlin hat CDU-Generalsekretär Mario Czaja gewarnt, der Staat dürfe sich von den Protestierenden nicht erpressen lassen, sondern müsse konsequent gegen die Aktionen vorgehen. Czaja sagte "RTL Direkt": "Hier werden Rettungswagen aufgehalten (…), hier wird eine ganze Stadt in Geiselhaft genommen, Menschen, die zur Arbeit müssen. Und bei allen berechtigten Anliegen für eine Politik gegen den Klimawandel - das hilft dem Ziel nicht. Das leistet dem Ziel eher einen Bärendienst. Und entscheidend ist hier, dass der Staat mit allen Mitteln durchgreift."
Mit Blick auf die Behinderung von Rettungskräften sagte Czaja weiter: "Das sind schwerste Eingriffe in den Straßenverkehr, schwerste Eingriffe in die Notfallrettung. Und das sind keine Kinkerlitzchen, sondern das muss hart geahndet werden. Und ja, das sind extremistische Tendenzen, wenn so etwas mit Vorsatz passiert."
Kompromisse mit den Klimaaktivisten, wie sie etwa Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay von den Grünen ausgehandelt hat, seien der falsche Weg, so Czaja: "Das ist Erpressung, ganz klar. Und hier hat sich auch ein Bürgermeister deutlich erpressen lassen. So was darf es in Deutschland nicht geben, sondern Recht und Gesetz müssen überall gleich gelten in Deutschland." Der Staat könne "nicht die Gesetze gegen irgendjemanden aushandeln", so der CDU-Politiker.
Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kritisiert den Protest als Bärendienst für den Klimaschutz. "Die Straßenblockaden der Letzten Generation spalten die Gesellschaft, anstatt die Akzeptanz für den Klimaschutz zu erhöhen - wie man nicht zuletzt an den Reaktionen der blockierten Verkehrsteilnehmer ablesen kann", sagte er der "Rheinischen Post".
"Die Zeche für diesen elitären Protest zahlt leider die Allgemeinheit. Dem Klimaschutz wird damit ein Bärendienst erwiesen", sagte FDP-Politiker Djir-Sarai. Ihn ärgere besonders, dass durch die Aktionen Hunderte Polizisten und andere Sicherheitskräfte gebunden seien, die anderswo dringender gebraucht würden.
Auch Nouripour hadert mit Letzter Generation
Die Bundesregierung beurteilt die Straßenblockaden ebenfalls kritisch. "Wir unterstützten solche Protestformen selbstverständlich nicht", sagte ein Regierungssprecher. Es sei zweifelhaft, ob solche "massiven Störungen der öffentlichen Ordnung" der Sache des Klimaschutzes dienten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte dem "Tagesspiegel", sie habe "nicht das geringste Verständnis für die Aktionen". "Die Klimakrise können wir nur demokratisch bekämpfen." Der Rückhalt in der Gesellschaft sei die entscheidende Grundlage dafür. Wer andere im Alltag blockiere und ihnen das Leben schwer mache, schade dem Klimaschutz gewaltig, betonte Faeser. "Der Rechtsstaat lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen", sagte Faeser. Legitimer Protest ende immer dort, wo Straftaten begangen und andere in ihren Rechten verletzt würden. "Die Polizei hat meine volle Unterstützung, wenn sie konsequent durchgreift", betonte die Ministerin.
Auch Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour kritisierte die Aktionen als wenig zielführend. Sie führten zu einer Ablenkung von Klimaschutzdebatten, die dringend notwendig seien. "Und deshalb ist es nicht besonders hilfreich, für unsere Arbeit sicher nicht", sagte der Parteichef. "Ich verstehe die Verzweiflung der Leute", betonte Nouripour mit Blick auf die Forderungen der Letzten Generation nach einem entschiedeneren Klimaschutz. Er stellte aber infrage, dass die genutzten Protestmethoden zu mehr Akzeptanz dafür führten. Menschenleben dürften nicht gefährdet werden, sagte Nouripour. "Das ist mehr als eine rote Linie. Das darf nie passieren."
Die Letzte Generation blockierte am Montag den Verkehr in Berlin an mehr als 30 Stellen, etwa 200 Demonstranten wurden festgenommen. 500 Polizisten waren im Einsatz. Es kam zu teils stundenlangen Staus und Behinderungen. Nach Angaben von Berlins Innensenatorin Iris Spranger standen durch die Blockaden auch 17 Rettungswagen im Stau. Die Gruppe hatte zuvor angekündigt, von Montag an die gesamte Hauptstadt lahmlegen zu wollen. Autofahrer reagierten zum Teil aggressiv auf die Blockaden.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP