Sondervermögen im Grundgesetz Lindner bremst Mützenich-Vorschlag aus
23.05.2022, 10:43 Uhr
Christian Lindner beharrt auf der Einhaltung der Schuldenbremse.
(Foto: IMAGO/Future Image)
Man könne ja auch auf eine Änderung des Grundgesetzes verzichten und das Sondervermögen der Bundeswehr mit einfacher Mehrheit beschließen, schlägt SPD-Fraktionschef Mützenich vor. Finanzminister Lindner reagiert und wischt die Idee sofort wieder vom Tisch.
Finanzminister Christian Lindner pocht bei der geplanten Milliarden-Finanzspritze für die Bundeswehr weiter auf eine Änderung des Grundgesetzes. Er wies damit einen Vorstoß von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zurück, der von Alternativen etwa durch eine Aussetzung der Schuldenbremse gesprochen hatte. "Es ist keine Option, für die Bundeswehr die Schuldenbremse mit einfacher Mehrheit zu umgehen", sagte Lindner. Er habe eigens ein Sondervermögen im Grundgesetz vorgeschlagen, damit der Charakter der Schuldenbremse selbst intakt bleibe. "Eine Aufweichung wäre verfassungsrechtlich fragwürdig und mit der FDP politisch nicht zu machen", betonte der Parteichef.
Mützenich hatte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, sollte die Union einer Grundgesetzänderung nicht zustimmen, gebe es auch andere Wege für das geplante 100 Milliarden Euro schwere Programm. "Wenn sich Deutschland in einer Notsituation befindet, erlaubt Artikel 115 eine Schuldenaufnahme mit einfacher Mehrheit." Artikel 115 schreibt eine Kreditobergrenze für den Bundeshaushalt fest. Zuletzt wurde wegen der Corona-Krise eine Ausnahme genehmigt.
Lindner betonte, jetzt für die Bundeswehr erneut eine Notlage zu erklären und die Schuldenbremse auszusetzen, würde den Sinn der Regel ad absurdum führen, "obwohl wir sie in Zeiten der Inflation dauerhaft stärken müssen". Außerdem sollte der Union kein Weg eröffnet werden, sich ihrer Verantwortung zu entziehen. "Der Zustand der Bundeswehr nach 16 Jahren unionsgeführter Regierung spricht Bände", betonte er.
CDU-Politiker weist Mützenich-Idee zurück
Unterdessen ist die Union im Ringen um das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr bereit, das Ziel von zwei Prozent Verteidigungsausgaben flexibel zu handhaben, ohne es aufzugeben. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg sagte der ARD: "Wir haben keine sklavische Vorstellung, es muss jedes Jahr zwei Prozent sein." Diese Größenordnung müsse in etwa und über mehrere Jahre betrachtet erreicht werden, "also das was die NATO auch inhaltlich mit NATO-Fähigkeitszielen beschreibt, das muss auf die lange Sicht erreicht werden", so der CDU-Politiker.
Zugleich wies Middelberg die Drohung Mützenichs zurück, die bessere Ausstattung der Bundeswehr auch ohne Union zu beschließen. "Das ist eine Drohkulisse, die ich nicht ernst nehme", so Middelberg. "Erstens, weil es rechtlich außerordentlich schwierig ist. Und ich glaube auch, dass es politisch nicht das kluge Signal wäre. Der Bundeskanzler (Olaf Scholz, SPD) hat da zwei kluge Ziele ausgegeben, und die sollten wir jetzt gemeinsam umsetzen." Er bezog sich auf die Ansage, der Bundeswehr mit ihrer nur bedingt einsetzbaren Technik per Sondervermögen 100 Milliarden Euro zusätzlich bereitzustellen und dann künftig die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung zu investieren.
Die Bundesregierung will die Bundeswehr mit dem Sonderprogramm von 100 Milliarden Euro stärken und damit Ausrüstungslücken schließen. Das Sondervermögen soll im Grundgesetz verankert werden, wozu eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich ist - daher muss die CDU/CSU-Opposition ins Boot geholt werden. Die Union hat jedoch Bedingungen für eine Zustimmung gestellt. Umstritten ist etwa, wofür das Geld genau ausgegeben werden soll.
Quelle: ntv.de, mli/dpa