Nach Eklat im Weißen Haus London gibt Kiew Milliardenkredit für Verteidigung
01.03.2025, 21:12 Uhr Artikel anhören
Weitaus harmonischer als im Weißen Haus: Selenskyj und Starmer bei ihrem Treffen im Amtssitz des britischen Premiers.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Die beispiellose Zurechtweisung des ukrainischen Staatschefs Selenskyj vor der Weltpresse im Weißen Haus wirkt noch nach. Die Unterstützung der USA für das durch Russland angegriffene Land scheint auf der Kippe zu stehen. Jetzt sendet die britische Regierung ein starkes Zeichen der Hilfe.
Großbritannien gibt der Ukraine einen Kredit über 2,74 Milliarden Euro zur Stärkung seiner Verteidigung. Die beiden Finanzminister Rachel Reeves und Serhii Marschenko unterzeichneten die Vereinbarung in einer Online-Zeremonie. Der Kredit sei ein Zeichen der "unerschütterlichen Unterstützung für das ukrainische Volk", hieß es. Zuvor hatte der britische Premierminister Keir Starmer den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj betont herzlich in London empfangen.
"Die Mittel werden in die Waffenproduktion in der Ukraine fließen", kündigte Selenskyj auf X an. Das Darlehen werde die Verteidigungskapazitäten der Ukraine verbessern und mit den Einnahmen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten zurückgezahlt werden. "Das ist wahre Gerechtigkeit - derjenige, der den Krieg begonnen hat, muss auch dafür bezahlen", schrieb Selenskyj.
Am Freitag waren US-Präsident Donald Trump und Selenskyj in Washington vor laufenden Kameras heftig aneinandergeraten. Trump warf unterstützt von seinem Vizepräsidenten J.D. Vance Selenskyj fehlende Dankbarkeit für die US-Militärhilfe und Respektlosigkeit vor. Er drohte zugleich mit dem Ende der US-Unterstützung, sollte Selenskyj nicht einem Deal mit Russland zustimmen. Der ukrainische Staatschef verließ das Weiße Haus im Streit.
Als Selenskyj am Samstag in der Downing Street 10 ankam, wurde er von zahlreichen Umstehenden bejubelt. Starmer umarmte ihn zur Begrüßung und sagte: "Sie sind sehr, sehr willkommen hier in Downing Street." Er fügte hinzu: "Und wie Sie draußen auf der Straße gehört haben, haben Sie die volle Unterstützung des gesamten Vereinigten Königreichs, und wir stehen an Ihrer Seite, der Seite der Ukraine, solange es auch dauern mag."
Starmer betonte, beide wollten "einen dauerhaften Frieden für die Ukraine erreichen, der auf Souveränität und Sicherheit für die Ukraine beruht - so wichtig für Europa und so wichtig für das Vereinigte Königreich". Selenskyj antwortete, er habe die hunderten Anhänger gesehen, die sich vor der Downing Street versammelt hatten. "Ich möchte Ihnen, den Bürgern des Vereinigten Königreichs, für die große Unterstützung seit Beginn des Krieges danken."
Treffen von Selenskyj mit König Charles
Zum London-Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gehört auch ein Empfang beim König. Er sei "sehr froh", dass er am Sonntag König Charles III. treffen werde, sagte Selenskyj weiter. "Wir in der Ukraine sind sehr glücklich, dass wir einen solchen strategischen Partner haben." Er fügte hinzu: "Wir zählen auf Ihre Unterstützung." Über die Einladung des Monarchen hatte sich erst vor wenigen Tagen Donald Trump gefreut.
Das Treffen zwischen Starmer und Selenskyj hinter verschlossenen Türen dauerte rund 75 Minuten. Als Starmer Selenskyj zum Auto brachte, umarmten sie sich erneut. Am Sonntag empfängt Starmer europäische Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfeltreffen in London, bei dem angesichts der Hinwendung der US-Regierung zu Moskau über die weitere europäische Unterstützung für die Ukraine beraten werden soll.
Am Sonntag treffen in London mehrere europäische Staats- und Regierungschefs zusammen, um über das weitere Vorgehen im Ukraine-Krieg und den Umgang mit der US-Politik zu beraten; darunter auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Selenskyj. Geplant worden waren der Gipfel und Medienberichten zufolge auch der Empfang Selenskyjs beim König vor dem Zerwürfnis in Washington.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP