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Gewaltsamer Protest auf Messe Macron sagt für Bauern G7-Treffen ab

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 "Sie helfen keinem Ihrer Kollegen, indem Sie Stände kaputt schlagen", sagte Macron zu den Demonstrierenden.

"Sie helfen keinem Ihrer Kollegen, indem Sie Stände kaputt schlagen", sagte Macron zu den Demonstrierenden.

(Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP)

Die handgreiflichen Proteste von Bauern auf einer Agrarmesse bewegen den französischen Präsidenten offenbar zu einer Planänderung. Statt dem virtuellen G7-Treffen beizuwohnen, bleibt Macron bei den Landwirten. Er verurteilt zwar die Gewalt, kündigt jedoch auch Zugeständnisse an.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nimmt laut Informationen der italienischen Nachrichtenagentur Ansa nicht an dem virtuellen G7-Gipfeltreffen in Kiew teil. Macron wurde in Paris zur Eröffnung der Agrarmesse erwartet, wo es kurz vor dem offiziellen Besuch zu Handgemenge zwischen Sicherheitskräften und Landwirten gekommen war, die sich gewaltsam Zugang zum Messegelände am Stadtrand verschaffen wollten. Macron eröffnete die Messe mit viereinhalb Stunden Verspätung, während Rufe wie "Hau ab" und Rücktrittsforderungen aus dem Publikum zu hören waren.

Wegen der anhaltenden Bauernkrise werde Macron dort den ganzen Tag verbringen, vermeldete Ansa weiter. In einer vom Élysée-Palast veröffentlichten Nachricht auf X, früher Twitter, erklärte Macron, dass Frankreichs Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen werde und man nicht mit einer Übermüdung der Europäer rechnen dürfe.

Das Videokonferenztreffen der G7-Staats- und Regierungschefs unter dem Vorsitz der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni findet anlässlich des zweiten Jahrestages des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine statt. Es ist das erste Treffen der führenden demokratischen Industrienationen unter italienischer G7-Präsidentschaft.

Demonstranten stürmen Messe

Vor der Eröffnung der Pariser Landwirtschaftsmesse war es zu teils gewaltsamen Protesten gegen Frankreichs Präsident Macron gekommen. Demonstranten hatten am Morgen ein Tor auf dem Messegelände durchbrochen und sich Auseinandersetzungen mit dem Ordnungsdienst geliefert. Mindestens eine Person soll festgenommen worden sein.

Unter ihnen befanden sich Mitglieder der Bauernverbände FNSEA, Jeunes agriculteurs und Coordination rurale. Als sie Macron zur Rede stellen wollten, kam es zu Handgreiflichkeiten mit dem Sicherheitspersonal, das versuchte, ihnen den Weg zu versperren. Zahlreiche Polizisten eilten anschließend herbei, um die Demonstranten zurückzudrängen. Die Landwirte protestierten mit Pfiffen und Buhrufen gegen Macron und forderten dessen Rücktritt. "Die Jagd auf Macron ist eröffnet", skandierten einige Demonstranten.

Macron: "Sie helfen keinem Ihrer Kollegen"

Der Präsident, der sich mit den Anführern der Bauernverbände zu einem Gespräch traf, kritisierte das Vorgehen der Landwirte: "Sie helfen keinem Ihrer Kollegen, indem Sie Stände kaputt schlagen. Sie helfen keinem Ihrer Kollegen, indem Sie die Messe unmöglich machen und in gewisser Weise Familien Angst machen zu kommen."

Die Messe müsse "ruhig verlaufen", sagte Macron. Zugleich betonte er, dass nicht zu erwarten sei, dass die Regierung "in wenigen Stunden eine Antwort auf diese Krise in der Landwirtschaft" liefere. Macron kündigte an, "alle Gewerkschaftsorganisationen und alle landwirtschaftlichen Sektoren" in drei Wochen zu einem Treffen im Élysée-Palast zu empfangen.

Spontan sprach Macron schließlich zwei zusätzliche Stunden mit weiteren Bauerngewerkschaftern. "Ich ziehe immer den Dialog der Konfrontation vor", sagte der Staatschef und versicherte den Landwirten, dass die Regierung ihre Arbeit mache. "Solange das nicht auf den Bauernhöfen konkrete Formen annimmt, werden wir Ihnen im Nacken sitzen", entgegnete ihm einer der anwesenden Landwirte.

Bauernverband sieht "kleine Revolution"

Macron machte den Landwirtschaftsvertretern auch einige Ankündigungen wie die Schaffung eines Mindestpreises zur besseren Entlohnung der Bauern. "Es ist schon eine kleine Revolution, dass das Wort Mindestpreis überhaupt in den Mund genommen wird", sagte ein Sprecher des linken Bauernverbands Confédération paysanne.

Bei seinem Messebesuch griff Macron auch die Politik der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN) an und verurteilte diese als "Partei des Frexits", eines Ausstiegs Frankreichs aus der EU. "Ich sage Ihnen, wenn es kein Europa gibt, gibt es auch keine Landwirtschaft", sagte er. Es gebe "Leute, die mit einem politischen Projekt" auf der Landwirtschaftsmesse seien, "das darin besteht, dem Rassemblement National zu dienen", fuhr Macron fort. Dies dürfte eine Anspielung auf einige Gewerkschaftsvertreter des Verbands Coordination rurale gewesen sein, die dem RN nahestehen.

In Frankreich hatte es in den vergangenen Wochen heftige Proteste von Bauern und Bäuerinnen gegeben, darunter tagelange Autobahnblockaden. Anschließend kam die Regierung den Protestierenden weit entgegen. Sie sagte ein Hilfspaket im Umfang von 400 Millionen Euro sowie eine Verringerung der bürokratischen Auflagen zu. Die EU-Kommission in Brüssel lockerte zudem die Vorschriften für einen Mindestanteil an Brachland auf Ackerflächen in der EU. Kleinere Proteste flammten danach immer wieder auf - so kippten Laster am Mittwoch etwa im Westen des Landes Schutt vor einen Supermarkt.

Quelle: ntv.de, mdi/AFP/rts

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