Milliarden-Einnahmen möglich Mehrwertsteuer weiterhin wirr: Rechnungshof rügt Lindner
28.05.2024, 17:40 Uhr Artikel anhören
Der Bericht des Bundesrechnungshofes dürfte Finanzminister Lindner nicht gefallen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Bundeshaushalt 2025 ist löchrig. Finanzminister Lindner erlegt den Ministerien große Sparvorgaben auf. Dabei stellt der Bundesrechnungshof fest, dass der Bund leicht 35 Milliarden Euro mehr einnehmen könnte. Dazu müsste Lindner nur eine eigens angekündigte Reform durchziehen.
Der Bundesrechnungshof (BRH) wirft Finanzminister Christian Lindner laut einem Medienbericht Versäumnisse beim Abbau von Steuervergünstigungen vor. Wie der "Spiegel" berichtete, fordern die Rechnungsprüfer Lindner dazu auf, bestehende Ermäßigungen bei der Mehrwertsteuer zu überprüfen. Es gebe hier ein "erhebliches Potenzial für Steuermehreinnahmen", heißt es demnach in einem aktuellen Gutachten.
Eine grundlegende Reform des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes sei "seit Jahren überfällig", zitiert der "Spiegel" aus dem Gutachten. Die steuerliche Begünstigung der Verbraucherinnen und Verbraucher durch die niedrigere Mehrwertsteuer summiere sich auf jährlich rund 35 Milliarden Euro. Lindner solle daher den Katalog der Steuerermäßigungen überarbeiten, denn "diese Mehreinnahmen sind für die Konsolidierung der Staatsfinanzen dringend notwendig".
Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent soll niedrige Preise für Güter des täglichen Bedarfs ermöglichen und so für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. Darunter fallen vor allem Lebensmittel, aber auch kulturelle Veranstaltungen und Leistungen gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Einrichtungen. Auch Beförderungsentgelte werden begünstigt. Auf Druckerzeugnisse wie Zeitungen und Bücher entfallen ebenfalls nur sieben Prozent Mehrwertsteuer.
Ausnahmen nehmen immer weiter zu
Weil die Auswahl der Vergünstigungen teilweise willkürlich scheint, gibt es schon lange eine Debatte, den Großteil davon abzuschaffen. So kommen etwa Verbraucher auch bei der Buchung teurer Hotelübernachtungen in den Genuss des reduzierten Steuersatzes. Zudem gibt es zahlreiche Skurrilitäten, wenn etwa der Kaffee mit einem Schuss Milch mit 19 Prozent besteuert wird, ein Latte macchiato hingegen 7 Prozent. Die würden auch zu erheblichem Bürokratieaufwand etwa für Gastronomen führen.
Und, statt den ermäßigten Steuersatz zu reformieren, habe das Bundesfinanzministerium (BMF) laut "Spiegel" immer neue Ausnahmen zugelassen, kritisieren die Prüfer. Von 2010 bis 2021 sei der Umfang der steuerlichen Begünstigungen um 10 Milliarden Euro gestiegen.
In ihrem Gutachten werfen die Rechnungsprüfer Lindner vor, die überfällige Neufassung der Subventionierung am Bundestag vorbei verhindert zu haben. Statt, wie Anfang 2023 versprochen, eine Reformkommission unter Einschluss der ebenfalls betroffenen Länder einzusetzen, habe er nur eine ministeriumsinterne Arbeitsgruppe eingesetzt. Die habe zwar grundsätzlichen Reformbedarf festgestellt, diesen jedoch aus "aktuellen ökonomischen und gesellschaftlichen Gründen als politisch nicht durchsetzbar" abgelehnt.
Diese Ergebnisse habe das Ministerium laut "Spiegel" dem Finanzausschuss des Bundestags verschwiegen, so die Prüfer. Dabei kamen Lindners Fachleute seinerzeit zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie der Bundesrechnungshof. Auch sie halten es für ökonomisch effizient, die Umsatzsteuer mit einem weitestgehend einheitlichen Satz zu erheben und nur in begründeten Fällen davon abzuweichen.
Quelle: ntv.de, als/AFP