Etat 2024 auf Zielgeraden CDU haut Lindner Haushalt um die Ohren - der kontert


Einen Monat nach dem Jahreswechsel schnürt die Ampelkoalition endlich das Haushaltspaket für das laufende Jahr. Damit fegt sie die Scherben nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zusammen. Doch der nächste Etat wirft bereits düstere Schatten voraus.
Wahrscheinlich machen am Ende dieser Woche einige in der Ampelkoalition drei Kreuze. Am Freitag wird der Bundestag endlich den Haushalt für das laufende Jahr beschließen, der wie ein tiefer Schatten über dem Berliner Regierungsviertel hängt. Doch bis dahin müssen die Koalitionäre zunächst die Haushaltswoche hinter sich bringen, in der alle Posten einzeln diskutiert werden.
Heute ist unter anderem der des Bundesfinanzministers dran, und die Union nutzt die Gelegenheit, um Christian Lindner seine Haushaltsplanung um die Ohren zu hauen. Der Haushalt sei Stückwerk, die Regierung kenne immer nur eine Antwort: "Immer wieder neue Schulden", sagt CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg. Auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe die Regierung mit Steuererhöhungen reagiert: Plastiksteuer, Agrardiesel und Mehrwertsteuer in der Gastronomie.
Würde man eine Million Bürgergeldempfänger in Arbeit bringen, könnte man 30 Milliarden Euro jedes Jahr einsparen, so Middelberg. Wobei, auch Lindner selbst sieht da offenbar Potenzial: Gerade forderte er, den bislang nur für Ukrainer vorgesehenen "Jobturbo" auf alle Bürgergeldempfänger auszuweiten.
Das eine oder andere wird weggelassen
Der Finanzminister und FDP-Chef weist erwartungsgemäß so ziemlich alles zurück, was Middelberg sagt, und zeichnet ein ganz anderes Bild des Haushalts. Der sei ein Gestaltungshaushalt, kein Sparhaushalt. Investiert würde auf Rekordniveau, die Schuldenquote gehe herunter und entlastet werde auch - mit 15 Milliarden Euro bei der Lohn- und Einkommenssteuer. Unternehmen würden bei der Stromsteuer entlastet, "vom Großbetrieb bis zur Handwerksbäckerei". Hinzu kämen 20 Milliarden Euro für das Startchancenprogramm, das Schulen mit Problemen helfen soll. Dabei lässt er unter den Tisch fallen, dass diese 20 Milliarden auf zehn Jahre verteilt werden sollen.
Auch Middelberg lässt in seiner Schelte manche Information weg, die die Fakten relativiert hätte. So prangert er die Abschaltung der verbliebenen drei Atomkraftwerke an und behauptet, dies führe zu steigenden Energiepreisen. Was allerdings so nicht stimmt: Laut Bundesnetzagentur stiegen die Großhandelspreise gar nicht, seit am 15. April 2023 die Meiler vom Netz gingen. Sie sanken sogar leicht.
Mit Blick auf das Heizungsgesetz sagt Middelberg, erst habe es einen "vollkommen vermurksten" Gesetzentwurf gegeben, dann eine monatelange Debatte, die vor allem Verunsicherung um sich greifen ließ. So weit würden ihm manche Ampelkoalitionäre sicher mehr oder weniger zähneknirschend zustimmen. Tatsächlich führte die Verunsicherung zu einem Boom der Gasheizungen und damit dem Gegenteil, was die Regierung wollte. Konkret zum Haushalt kritisiert Middelberg, dass Bürgergeldempfängern die Heizungsrechnung komplett ersetzt würde. "Die, die noch arbeiten, werden von ihnen in Anspruch genommen!"
Dann wirft er der Regierung vor, beim Bürokratieabbau gescheitert zu sein, weil zu viele neue Beamte in Ministerien eingestellt worden sein. FDP-Haushälter Otto Fricke und auch Finanzminister Lindner halten dagegen. Fricke rechnet Middelberg vor, wie viel Beamte in 16 Jahren CDU-geführter Bundesregierung eingestellt wurden. Lindner sagt, es werde bei Bundespolizei, beim Zoll oder im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufgestockt, damit Verfahren schneller laufen. Middelberg kritisiert die Rekordzahl an Parlamentarischen Staatssekretären und Beauftragten der Bundesregierung, die es beispielsweise für Antisemitismus oder die Bundeswehr gibt. In der letzten Regierung Angela Merkels waren es aber nur unwesentlich weniger.
Generaldebatte am Mittwoch
Der Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition war das Vorspiel zur Generaldebatte am Mittwoch. Dann werden auch Bundeskanzler Olaf Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz sprechen, nicht nur über den Haushalt, sondern auch über andere Themen.
Was Lindner heute vorstellte, ist der Haushalt, aus dem er mit Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck im Eilverfahren 17 Milliarden Euro herausgepresst hatte. So groß war das Haushaltsloch, das das Bundesverfassungsgericht am 15. November des vergangenen Jahres mit seinem Urteil zur bisherigen Haushaltspraxis gerissen hatte. Insbesondere wurde verboten, Schulden auf Vorrat aufzunehmen. Konkret bedeutete das, dass für den Klimaschutz umgewidmete Corona-Milliarden einfach gestrichen wurden und damit der Ampelkoalition beinahe der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Statt entspannt ins neue Jahr zu starten, musste sie sich den Protesten der Bauern stellen.
All das soll jetzt möglichst schnell im Rückspiegel verschwinden. Dass allerdings demnächst wieder eitel Sonnenschein herrscht, ist auch nicht zu erwarten. Im nächsten Haushalt tun sich auch schon wieder große Löcher auf.
Daher müssen Haushälter wie Middelberg und Fricke gleich weiter die Zahlen wälzen. Laut "Handelsblatt" gibt es für den Etat für 2025 eine Lücke im zweistelligen Milliardenbereich, laut "Bild"-Zeitung sind es 25 Milliarden. Die FDP fordert schon echte Kürzungen, "Zusammenfegen" reiche nicht mehr aus, sagt deren Haushälter Thorsten Herbst. Das Thema dürfte also noch für reichlich Debatten sorgen.
Quelle: ntv.de