Klausurtagung in Meseberg Merkel sieht Diesel-Umrüstung skeptisch
11.04.2018, 18:46 Uhr
Die Autoindustrie sagt, Hardware-Nachrüstungen seien komplex und dauerten zu lange. Umweltverbände sehen das anders.
(Foto: dpa)
Dreckige Diesel-Autos durch Nachrüstungen sauberer zu machen - Kanzlerin Merkel sagt vorerst nicht nein dazu, will aber erstmal ein Gutachten abwarten. Die Umrüstung darf aber nicht zu teuer sein.
Kanzlerin Angela Merkel schließt eine Hardware-Nachrüstung für Diesel-Autos nicht aus. Die Endauswertung der Gutachten über eine solche Nachrüstung stehe noch aus, sagte die Kanzlerin nach der Klausurtagung des Bundeskabinetts. Das werde noch einige Wochen dauern. Merkel schränkte aber ein, "dass auf jeden Fall Nutzen und Kosten in einem vernünftigen Verhältnis sein müssen - und diese Hardware-Nachrüstung ist ja relativ kostenintensiv".
Die Autobranche habe einen klaren Plan vorgelegt, Software-Updates bis Ende 2018 abzuschließen, so Merkel. Sie habe "klare Erwartungen" an die Autoindustrie. Es seien erkennbar "gravierende Fehler" gemacht worden, für die weder die Kunden noch die Steuerzahler gerade stehen könnten. Wichtig sei jetzt, dass die geplanten Förderprogramme gezielt umgesetzt und die ersten Bescheide für betroffene Kommunen ausgestellt würden.
Merkel betonte noch einmal, die Bundesregierung wolle Fahrverbote und die Einführung einer blauen Plakette zur Kennzeichnung schadstoffarmer Diesel möglichst vermeiden und die Bürger von Auswirkungen möglichst verschonen. Merkel rechnet nach eigenen Angaben damit, dass in zwei bis drei Jahren noch etwa zehn von zuletzt 66 Städten in Deutschland von zu hoher Schadstoffbelastung durch Diesel-Fahrzeuge betroffen sind. Mit diesen zehn Städten müssten besondere Maßnahmen besprochen werden.
Nachrüstungen umstritten
Vor dem Klausurtreffen war berichtet worden, die Regierung diskutiere darüber, ob ein Fonds zur Nachrüstung von Dieselautos unter Einbeziehung der Hersteller eingerichtet werden soll. "Das Ziel dieser Klausur war ja nicht jetzt, eine detaillierte Vorhabenplanung zu diskutieren", sagte Merkel. In vielen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte überschritten, Diesel-Fahrzeuge sind ein Hauptverursacher. Es drohen Diesel-Fahrverbote.
Hardware-Nachrüstungen, also Umbauten an Motor oder Abgasanlage, sind umstritten. Die Autobranche lehnt sie als zu aufwendig und zu teuer ab. Die Autobauer haben für Millionen Fahrzeuge stattdessen eine Software-Nachrüstung zugesagt, die den Stickoxid-Ausstoß um 25 bis 30 Prozent senken soll. Aus Sicht etwa von Umweltverbänden reichen aber Software-Updates der Hersteller nicht aus, um die Schadstoff-Emissionen angemessen zu senken.
Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte, die Diesel-Nachrüstung solle die Industrie bezahlen. Das würde maximal 15 Milliarden Euro kosten, von denen bis zu zehn Milliarden Euro zulasten deutscher Hersteller gehen dürften. Technische Lösungen seien vorhanden und kurzfristig nutzbar. Sie seien auch von der Industrie aus deren riesigen Gewinnen finanzierbar.
Verkehrsminister Andreas Scheuer ist gegen das Nachrüsten von Diesel-Autos. Der "Passauer Neuen Presse" sagte Scheuer, sein Ministerium habe rechtliche und technische Vorbehalte gegen den nachträglichen Einbau von Abgasreinigungssystemen in ältere Diesel-Fahrzeuge. "Ich will die Einhaltung der Grenzwerte ohne Hardware-Nachrüstungen erreichen und dafür die bereits eingeleiteten Maßnahmen vorantreiben."
Quelle: ntv.de, cam/rts/dpa/DJ