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Banaszak rechnet mit Kanzler ab "Merz hat sich entschieden, die Klimapolitik abzuwickeln"

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"Der Bundeskanzler betont gerne, Vater und Großvater zu sein", sagt Grünen-Chef Felix Banaszak über Friedrich Merz. "Seiner Klimapolitik merkt man das nicht an."

"Der Bundeskanzler betont gerne, Vater und Großvater zu sein", sagt Grünen-Chef Felix Banaszak über Friedrich Merz. "Seiner Klimapolitik merkt man das nicht an."

(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)

Friedrich Merz trifft zum Weltklimagipfel in Brasilien ein. Grünen-Chef Felix Banaszak geht den Kanzler hart an: Dieser plane einen "anti-ökologischen Rückschritt", obwohl Deutschland mehr denn je Vorbild sein müsse. Zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen warnt Banaszak vor einer "großen Enttäuschung".

Der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak hat zu Beginn der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém den Kurs der Bundesregierung scharf kritisiert. "Friedrich Merz reist mit leeren Koffern nach Belém", sagte Banaszak im Interview mit ntv.de. "Der Bundeskanzler und seine Energie- und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche planen den großen anti-ökologischen Rückschritt und verzocken Deutschlands klimapolitische Glaubwürdigkeit."

Merz ist am Morgen in Belém gelandet, wo am Freitag zahlreiche Staats- und Regierungschefs auf Einladung des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva zu einem Klimagipfeltreffen zusammenkommen. Am Sonntag startet in der Amazonas-Metropole die eigentliche Weltklimakonferenz, COP30. Das elftägige Treffen findet zum 30. Mal statt, zehn Jahre nach Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens.

Vom Auftritt des Bundeskanzlers in Belém erwartet Banaszak nichts. "Der Bundeskanzler betont gerne, Vater und Großvater zu sein", sagte er. "Seiner Klimapolitik merkt man das nicht an." Die Bundesregierung hätte vor der globalen Klimakonferenz versuchen sollen, Mehrheiten für eine ambitionierte EU-Klimapolitik zu schmieden, um in Belém glaubwürdig auftreten zu können, sagte Banaszak. "Friedrich Merz hat sich aber entschieden, die Klimapolitik abzuwickeln."

"Wenn wir nachlassen, lassen alle nach"

Banaszak warnte vor den Folgen einer weniger ambitionierten deutschen Klimapolitik: "Wenn wir nachlassen, lassen alle nach." Ohne eine starke deutsche und europäische Position drohe "eine große Enttäuschung". Bei den Verhandlungen südlich der Amazonas-Mündung gehe es um die Zukunft des Pariser Klimaabkommens. Doch Deutschlands Klimapolitik leide unter "brutaler Ambitionslosigkeit" des Kanzlers. "Teile der Bundesregierung stellen ja offen die deutschen Klimaziele infrage, in Brüssel hat Herr Merz die ambitionierten Zwischenziele der EU für 2040 blockiert", sagte Banaszak. "Zusammen mit anderen europäischen Konservativen rüttelt er nun am Emissionshandel."

In der Nacht zu Mittwoch hatten sich die EU-Staaten auf gemeinsame CO2-Reduktionsziele verständigt. Erst in letzter Minute konnte eine Einigung erzielt werden über diese freiwilligen Klimaschutzbeiträge, die die Unterzeichnerstaaten des Pariser Klimaabkommens alle fünf Jahre einreichen müssen. Banaszak sieht Merz' Unwillen zu konsequenter Klimapolitik durch den Kompromiss bestätigt: "Auch mit deutscher Unterstützung können sich die EU-Staaten jetzt von fünf Prozent des Klimaziels mit fragwürdigen Gutschriften aus dem außereuropäischen Ausland freikaufen, mehr als die Emissionen aller skandinavischen Länder zusammen. Das sind übrigens mehr als 100 Milliarden Euro an Investitionen, die jetzt nicht mehr in der EU stattfinden werden."

"Debatte über das Verbrenner-Aus ist in Wahrheit nur ein Hebel"

Unter Schwarz-Rot konstatiert Banaszak eine neue Rolle für Berlin in Europa: "Deutschland ist damit vom Treiber für eine ambitionierte europäische Klimapolitik zum Blockierer geworden." Im Ergebnis sei auch die europäische Verhandlungsmacht bei der COP geschwächt. Zumal Deutschland selbst seine Zusagen nicht einhalte. "Im Bundeshaushalt steht nicht genügend Geld zur Verfügung, damit Deutschland weiter seine Zusagen zur Finanzierung internationaler Klima- und Biodiversitätspolitik erfüllen kann", sagte Banaszak. "Daraus werden andere Staaten ihre Schlüsse ziehen."

Auch von dem Sozialdemokraten erwartet sich Banaszak wenig, auch wenn diese mit Carsten Schneider den Umweltminister und deutschen Chefverhandler in Belém stellen. "Dass die SPD bei ihren vielen Konflikten mit der Union ausgerechnet beim Thema Klimaschutz Rückgrat beweist, will ich erstmal sehen", sagte Banaszak.

Die SPD hat ihren Widerstand gegen eine mögliche Lockerung des EU-weiten, sogenannten Verbrenner-Aus aufgegeben, auf das Merz und die Union drängen. Banaszak warnt weiterhin davor, das Gesetz zu novellieren: "Die Debatte über das Verbrenner-Aus ist in Wahrheit nur ein Hebel, um die europäische Klimapolitik aufzukündigen und insgesamt neu zu verhandeln." Weder im Rat noch im Parlament gebe es noch politische Mehrheiten wie zur Verabschiedung des Green Deal. "Am Ende der Debatte steht deshalb nicht die Frage, ob das Verbrenner-Aus etwas später kommt", sagte Banaszak. "Am Ende steht das komplette Aus der rechtzeitigen Umstellung auf Elektromobilität - und damit gefährden wir massiv die Arbeitsplätze in unserer Autoindustrie."

Quelle: ntv.de

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