Duell der CDU-Favoriten Merz ist jetzt der Richtige
09.01.2021, 15:39 Uhr
In den Umfragen führt Friedrich Merz vor seinen Konkurrenten im Wettbewerb um den CDU-Vorsitz.
(Foto: imago images/photothek)
In einer Woche wählt die CDU den künftigen Parteivorsitzenden. Der wird Anwärter auch auf die Kanzlerkandidatur. ntv.de-Kolumnist Wolfram Weimer sieht Merz in der Favoritenrolle, aus vier Gründen.
Sondiert man kurz vor dem Parteitag den CDU-Delegiertenkreis, so ergibt sich folgendes Bild: Friedrich Merz hat deutlichen Rückhalt in den ostdeutschen Landesverbänden und eine Mehrheit in Baden-Württemberg, Niedersachsen sowie Hamburg. Dazu stehen die Mittelständler, die Junge Union, Wertkonservative und der Wirtschaftsflügel weitgehend hinter ihm. Armin Laschet hat in Schleswig-Holstein, im Saarland und in Rheinland-Pfalz Gefolgschaft. Die Arbeitnehmerschaft sowie die Frauen-Union und der Merkel-Führungskreis neigen ebenfalls ihm zu. Die Landesverbände Hessen und Nordrhein-Westfalen sind gespalten. Summiert man die derzeitige Stimmungslage so geht Friedrich Merz als Favorit in den Parteitag.
Dafür gibt es vier Gründe:
Erstens hat Merz seit drei Jahren kontinuierlich hohe Zustimmungswerte in Umfragen. Er liegt insbesondere bei bürgerlichen Wählern weit vor Armin Laschet. In den Umfragen des letzen Jahres deklassiert Merz seinen Konkurrenten Laschet regelrecht, obwohl der als Ministerpräsident des größten Bundeslandes und inmitten einer Pandemie die ganz große Bühne hatte. Bei den Delegierten setzt sich damit die Ansicht durch, dass man mit einem CDU-Vorsitzenden Laschet keine Wahlen gewinnen könne. Von Merz wiederum erhoffen sich die CDUler, dass er viele Wähler, auch solche, die in den vergangenen Jahren an die AfD verloren worden sind, zurückholen könne.
Zweitens steht Merz für hohe Wirtschaftskompetenz. Beim (für die CDU extrem wichtigen) deutschen Mittelstand und in der Industrie genießt er hohes Ansehen. Da durch die Pandemie nun aber die Konjunktur einbricht, Millionen in Kurzarbeit stecken und Arbeitsplätze bedroht sind, wird die Sehnsucht nach einem CDU-Vorsitzenden wie weiland Ludwig Erhard groß. Der Bundestagswahlkampf dürfte sehr davon geprägt werden, wer für die Deutschen die sicherste Aufschwungperspektive verkörpert. Und da hat Merz klare Vorteile vor Laschet, der seine Stärken eher im Gesellschaftspolitischen hat, und auch vor Röttgen, dessen Kompetenz klar in der Außenpolitik liegt.
Drittens sehnt sich die Union nach Führungskraft. Gerade in der Krise wird starken Leitfiguren wie Markus Söder oder Friedrich Merz eher gefolgt als Kompromisslern und Integratoren wie Armin Laschet. Die klaren Kanten von Söder und Merz bedeuten in gemütlichen Zeiten Polarisierungs-Nachteile gegenüber weicheren Brückenbauern. In der Pandemie und Wirtschaftskrise aber hat die bestimmende Führungskraft deutliche Vorteile. Die hohen Umfragewerte für Söder und Merz spiegeln das wider - und auf die CDU-Delegierten macht das Eindruck.
Viertens geht es bei der Vorsitzendenwahl auch um eine Richtungsentscheidung. Laschet steht weitgehend für die Fortführung des (aus klassischer CDU-Sicht) eher nach links geneigten Merkel-Kurses. Merz hingegen verkörpert „CDU pur" - insbesondere in der Sicherheits-, Migrations- und Wirtschaftspolitik. „CDU pur" freilich wünschen sich viele Unionisten zurück. Mit Angela Merkels Strategie, die CDU so weit nach links zu rücken, dass die SPD raubkopiert und überflüssig wirkt, hat Merkel sich zwar einen langen persönlichen, machtpolitischen Vorteil beschert. Die Union aber hat diese Strategie der Achs-Verschiebung mit einem erheblichen Substanzverlust in Mandaten, Mitgliedern, inhaltlichen Positionen bezahlt.
Die guten Pandemie-Umfragezahlen für die CDU überdecken diesen Langfristtrend einer Auszehrung mit einer Serie schlechter Wahlergebnisse - gipfelnd in der Europawahl 2019, bei der die CDU nur noch erschütternde 22,6 Prozent der Stimmen (plus 6,3 Prozent der CSU) erreichte. In der CDU machen sich die Mandatsträger keine Illusionen - würde der linksgeneigte Kurs ohne eine sehr starke Führungspersönlichkeit wie Angela Merkel fortgesetzt, wäre das ein hohes strategisches Risiko. Der Instinkt der Partei sucht daher etwas Neues - die CDU sucht und sehnt sich nach Identität, nach Profil und ihrem Wesenskern. Den verkörpert Friedrich Merz.
Quelle: ntv.de