Netanjahu-Besuch in Deutschland Merz will internationalen Haftbefehl ignorieren
24.02.2025, 17:52 Uhr Artikel anhören
Der Internationale Strafgerichtshof widersprach Merz deutlich.
(Foto: IMAGO/)
Wegen des Kriegs im Gazastreifen hat der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle erlassen, unter anderem gegen Israels Ministerpräsidenten Netanjahu. CDU-Boss Merz will diesen jedoch nicht anwenden, wenn Netanjahu Deutschland besucht. Linke-Chef van Aken findet das katastrophal.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hält einen Deutschland-Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu trotz eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg für möglich. Er habe Netanjahu in einem Telefonat am Sonntag zugesagt, dass man für den Fall eines Besuchs "Mittel und Wege finden werde, dass er Deutschland besuchen und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen worden ist", sagte der Gewinner der Bundestagswahl und wahrscheinliche nächste Bundeskanzler am Tag danach in Berlin.
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hatte vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen im November Haftbefehle gegen Netanjahu sowie gegen den ehemaligen israelischen Verteidigungsminister Joav Galant und Hamas-Militärchef Mohammed Deif erlassen. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die 124 IStGH-Mitgliedstaaten - zu denen etwa Deutschland und Frankreich, nicht aber Israel und die USA zählen - müssten demnach Netanjahu festnehmen, sobald er ihr Territorium betritt.
"Ich halte es für eine ganz abwegige Vorstellung, dass ein israelischer Ministerpräsident die Bundesrepublik Deutschland nicht besuchen kann", betonte Merz. Netanjahus Büro in Jerusalem teilte mit, der Ministerpräsident habe Merz zu dessen Wahlsieg gratuliert. Merz habe Netanjahu nach Deutschland eingeladen, trotz der "skandalösen Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, den Ministerpräsidenten als Kriegsverbrecher zu bezeichnen". Deutschland gehört zu den Unterzeichnern des Statuts des Gerichtshofs und müsste sich eigentlich an dessen Vorgaben halten.
Dürfte auch Putin dann Deutschland besuchen?
Entsprechend reagierte der Den Haager Gerichtshof. Es sei nicht Sache von Mitgliedstaaten, die Entscheidungen des Gerichts einseitig zu beurteilen. Nach dem Römischen Statut sei es verpflichtend, die Entscheidungen anzuerkennen und umzusetzen.
Dagegen erklärte Linken-Spitzenkandidat Jan van Aken: "Wenn Netanjahu nach Deutschland kommt, muss er natürlich verhaftet werden. Das ist Völkerrecht." Ein internationaler Haftbefehl "muss umgesetzt werden". Offensichtlich mit Blick auf einen auch gegen Russlands Präsident Wladimir Putin bestehenden IStGH-Haftbefehl setzte der Linken-Politiker hinzu: "Mit zweierlei Maß zu messen, ist eine Katastrophe." Zugleich betonte van Aken, dass Israels Existenzrecht "unverhandelbar" sei.
In Israel hieß es, Netanjahu habe mit Merz ein herzliches Telefongespräch geführt. "Merz bedankte sich bei dem Ministerpräsidenten für dessen Anruf und sagte, er werde ihn zu einem offiziellen Besuch nach Deutschland einladen", erklärte das Büro von Netanjahu. Merz stelle sich damit offen gegen die "skandalöse Entscheidung" des IStGH, "den Ministerpräsidenten als Kriegsverbrecher zu bezeichnen", hieß es weiter. Israel hat beim IStGH Berufung gegen die Haftbefehle für Netanjahu und Galant angekündigt. Vorwürfe, Kriegsverbrechen in dem Konflikt mit den Palästinensern im Gazastreifen begangen zu haben, weist Israel zurück.
Quelle: ntv.de, tsi/rts/AFP