Österreich debattiert Haushalt Minister sieht "schwierigste Zeiten seit Kriegsende"
12.10.2022, 16:31 Uhr
Kanzler Nehammer (2.v.r.) beobachtet seinen Kassenchef Brunner bei der Haushaltseinbringung.
(Foto: REUTERS)
Die Regierung in Wien rechnet für 2023 mit deutlich steigenden Steuereinnahmen. Und das ist in der Haushaltsdebatte beinahe die einzige gute Nachricht. Eine schwache Wirtschaft, steigende Zinsen und die hohe Inflation belasten das Zahlenwerk. Auch wenn das Defizit sinkt, wächst der Schuldenberg.
Österreichs Staatsfinanzen werden im kommenden Jahr von der Energiekrise, der stark gestiegenen Inflation sowie hohen Schulden und Zinsen belastet. Es seien "wahrscheinlich die schwierigsten Zeiten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs", sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bei seiner ersten Budgetrede im Parlament in Wien. Das von ihm präsentierte Haushaltsbudget lässt sich dabei mit drei Worten beschreiben: Mehr Steuereinnahmen, Rekordausgaben und höhere Schulden.
Die massiv gestiegene Teuerung belastet das Budget durch höhere Personalkosten und Pensionen, gleichzeitig sprudeln aber auch die Steuereinnahmen. 2023 steigen die Einnahmen des Staates auf 98 Milliarden Euro von 84 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Zeitgleich erhöhen sich die Ausgaben auf 115 Milliarden Euro nach zuletzt 107,5 Milliarden Euro. Per Saldo ergibt sich daraus ein Minus von 17 Milliarden Euro.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde das Defizit im kommenden Jahr bei 2,9 Prozent liegen und damit knapp unter der Maastricht-Grenze von drei Prozent bleiben. Im laufenden Jahr soll das Defizit von zuletzt 5,9 auf nun 3,5 Prozent schrumpfen. Die Schuldenquote sinke nächstes Jahr auf 78,3 Prozent und soll bis 2026 auf 72,5 Prozent zurückgehen. Der absolute Schuldenstand wächst dagegen bis dahin auf 394 Milliarden Euro.
Aufwand für Zinsen verdoppelt sich
Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage und des Krieges in der Ukraine sei das Budget mit vielen Unsicherheiten behaftet, räumte Brunner ein. Erst Ende vergangener Woche hatte das Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo seine Prognosen revidiert: Erwartet wird nun für 2023 ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent nach 4,8 Prozent im laufenden Jahr. Die Inflation soll im kommenden Jahr auf 6,5 Prozent zurückgehen nach 8,3 Prozent.
Auf das Budget drücken auch die gestiegenen Zinsen. Nach der Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank im Kampf gegen die Inflation verdoppelt sich der Zinsaufwand im nächsten Jahr auf 8,7 Milliarden Euro. Kopfzerbrechen bereitet dem Finanzminister dabei der wachsende Abstand zu Deutschland. Österreich müsse derzeit für neue Schulden um 0,6 Prozentpunkte mehr Zinsen zahlen als das Nachbarland.
Bereits die Corona-Krise und die milliardenschweren Hilfsmaßnahmen hatten ein tiefes Loch in die Staatsfinanzen gerissen. Zur Dämpfung der hohen Inflation kommen indessen weitere milliardenschwere Entlastungspakte für Haushalte und Industrie dazu. Über ein Nulldefizit zu reden, sei jetzt nicht die Zeit, sagte Brunner. Mittelfristig soll Österreich aber wieder auf einen nachhaltigen Budgetpfad zurückkehren.
Quelle: ntv.de, jwu/rts