"Gefährliche Politik für Europa" Morawiecki wirft Merkel Versagen vor
18.11.2021, 10:01 Uhr
Mateusz Morawiecki und Angela Merkel machen sich Gedanken über die Situation an Polens Grenze zu Belarus.
(Foto: picture alliance/dpa/Pool AFP/AP)
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf kritisiert. Entscheidungen der Bundesregierung hätten "die Souveränität vieler europäischer Staaten gefährdet".
Vor dem Hintergrund der Lage an der belarussischen Grenze hat der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der Bundeskanzlerin Angela Merkel Versagen in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen. Merkels Politik von vor fünf bis sechs Jahren habe "die Souveränität vieler europäischer Staaten gefährdet" und "einen künstlichen Multikulturalismus" geschaffen. "Das war eine gefährliche Politik für Europa und für die Welt", sagte Morawiecki der "Bild"-Zeitung.
Gleichzeitig dämpfte er die Kritik Polens an Merkels Telefonaten mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. "Wenn es in dem Telefonat darum ging, wie die Migranten aus Belarus zurück in ihre Heimatländer gebracht werden, dann ist jede Initiative in dieser Richtung im Sinne Polens", sagte er. Es dürfe aber "in dieser Krise keine Entscheidung über unsere Köpfe hinweg gefällt werden".
An der belarussischen Grenze zu Polen versuchen Tausende Migranten, vor allem aus Nahost, in die EU zu gelangen. Polen verhindert das auch mithilfe des Militärs. Kritik, dabei würden die Asylbegehren der Migranten ignoriert und frierende und verletzte Menschen nach Belarus zurückgeschickt, wies Morawiecki zurück. "Das Gegenteil ist richtig: Menschen, die diesseits der Grenze im Wald aufgefunden werden, kommen entweder ins Krankenhaus oder in ein Lager, wo sie ihren Asylantrag stellen können."
Er fügte aber hinzu: "Grenzschutz muss effektiv sein. Darum müssen wir Menschen zurückschieben können, die unsere Grenzen verletzen." Polnische Sicherheitskräfte haben in der Nacht rund hundert Migranten an der Grenze zu Belarus festgenommen. Die Flüchtlinge hätten versucht, die Grenze nach Polen zu überqueren, teilte das Verteidigungsministerium in Warschau mit. "Belarussen drängten die Migranten, polnische Soldaten zur Ablenkung mit Steinen zu bewerfen", hieß es weiter vom Ministerium. Auf Videoaufnahmen des Verteidigungsministeriums ist zu sehen, wie polnische Soldaten eine große Gruppe von Menschen umzingeln, die zusammengekauert in einem Waldstück neben Stacheldraht hockt. Dass Journalisten und Politiker nicht ungehindert die Lage an der Grenze beobachten können, begründete Morawiecki mit dem Argument, viele würden die Lage "für eigene Propaganda" ausnutzen.
Quelle: ntv.de, ter/dpa