"Sie haben es nicht eilig" Moskau: In Kernfragen stocken Verhandlungen mit Ukraine
25.03.2022, 19:29 Uhr
Russischer Chefunterhändler Wladimir Medinski (Zweiter von links) und David Arachamija (Dritter von links), Fraktionsvorsitzender der Präsidentenpartei im ukrainischen Parlament, bei Gesprächen Ende Februar in Belarus.
(Foto: picture alliance/dpa/BelTA/AP)
Die Türkei hat sich optimistisch hinsichtlich der Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gezeigt. Moskau und Kiew berichten aber von zähen Gesprächen. Die Positionen stimmten nur in zweitrangigen Punkten überein, heißt es vom russischen Chefunterhändler. Außerdem spiele die Ukraine auf Zeit.
Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine kommen nach Angaben des russischen Chefunterhändlers in den zentralen Fragen nicht voran. "In zweitrangigen Punkten stimmen die Positionen überein. Aber in den politischen Hauptfragen kommen wir nicht voran", sagte Wladimir Medinski nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. Dabei warf er der Ukraine vor, die Friedensverhandlungen absichtlich in die Länge zu ziehen.
"Sie haben es nicht eilig, sie glauben, dass die Zeit auf ihrer Seite ist", sagte der russische Delegationsleiter der Agentur Tass zufolge. Die ukrainische Seite handle nicht unabhängig, behauptete Medinski. "Deshalb stimmt der aktuelle Stand der Dinge nicht optimistisch." Moskau wirft Kiew vor, auf Anweisung Washingtons zu handeln.
"Es gibt keine Bewegung bei den grundsätzlichen Positionen, auf denen die russische Seite besteht", sagte der Berater von Präsident Wladimir Putin. Russland wolle einen umfassenden Vertrag schließen, der die "lebenswichtigen" Forderungen Moskau einschließe. Dazu zählten unter anderem ein neutraler Status der Ukraine, die "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" des Landes sowie die Anerkennung der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch und der ostukrainischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten. Kiew gehe es vor allem darum, "Sicherheitsgarantien von Dritten zu erhalten, wenn die Ukraine kein Mitglied der NATO werden kann", sagte Medinski. Diese Haltung sei "völlig verständlich".
Kuleba: Ukraine gibt Forderungen nicht auf
Medinski kritisierte ukrainische Forderungen nach Waffenlieferungen sowie die zahlreichen Vorwürfe, Russland begehe Kriegsverbrechen. Diese Anschuldigungen klängen wie Aussagen des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels, sagte der frühere russische Kulturminister. "Für solche Äußerungen über unser Land und unser Volk habe ich weder Rechtfertigung noch Verständnis."
"Der Verhandlungsprozess ist sehr schwer", sagte auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Die ukrainische Delegation habe "eine starke Position eingenommen und gibt ihre Forderungen nicht auf", sagte Kuleba. "Wir beharren zuallererst auf einer Waffenruhe, Sicherheitsgarantien und territorialer Integrität der Ukraine", fügte der ukrainische Außenminister hinzu.
Zuvor hatte der türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mitgeteilt, dass nach seiner Einschätzung Russland und die Ukraine sich bei vier von sechs diskutierten Hauptthemen einigen könnten. Dies sei nicht eingetreten sagte Kuleba.
Nach ersten direkten Verhandlungen der russischen und ukrainischen Unterhändler finden die Gespräche inzwischen fast täglich per Videoschaltung statt. Zunächst zeigten sich beide Seiten optimistisch über einen positiven Ausgang der Gespräche, in den vergangenen Tagen rückten sie ihre Meinungsverschiedenheiten in den Vordergrund.
Quelle: ntv.de, ysc/AFP/rts/dpa