Politik

Der Kriegstag im Überblick Moskau sieht "erste Phase" erfüllt - USA: Russen verlieren Kontrolle über Cherson

Laut Moskau wurden bislang 1351 russische Soldaten in der Ukraine getötet.

Laut Moskau wurden bislang 1351 russische Soldaten in der Ukraine getötet.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian Defence Ministry)

Während die Verteidiger von Kiew im Osten der Stadt zur Gegenoffensive übergehen, trifft eine russische Rakete ein großes Treibstofflager der Ukraine. Unterdessen entgleitet der russischen Armee offenbar die Macht in Cherson. Der 30. Kriegstag im Überblick.

Anfang März meldete Russland die Eroberung der südukrainischen Hafenstadt Cherson. Seitdem gab es dort immer wieder Demonstrationen gegen die Besatzer. Nun meldete das Pentagon, dass die russische Armee die vollständige Kontrolle über die Stadt wieder verloren hat. Ein US-Beamter des Pentagon teilte während einer Telefonkonferenz mit Journalisten mit, dass ukrainische Soldaten mittlerweile in der Stadt gegen russische Kräfte kämpfen. Laut ukrainischen Beamten ist die Stadt aber weiterhin in russischer Hand.

Im russischen Generalstab zeichnet sich unterdessen ein Strategiewechsel ab. Künftig werde sich die Armee auf die "Befreiung" der Donbass-Region im Osten des Landes konzentrieren, sagte Russlands Vize-Generalstabschef Sergej Rudskoj. "Das Hauptziel der ersten Phase der Operation" sei erfüllt und die "ukrainischen Kampfeinheiten in bedeutendem Umfang reduziert worden". Damit könne die Armee künftig "den Großteil ihrer Anstrengungen auf das Hauptziel richten: Die Befreiung des Donbass", so Rudskoj. Weitere Luftangriffe auf ukrainische Städte schloss er allerdings nicht aus.

Geheimdienst: Ukrainische Gegenangriffe bei Kiew erfolgreich

Erstmals seit drei Wochen legte Russland auch wieder Zahlen zu eigenen Verlusten in der Ukraine vor. Demnach wurden 1351 russische Soldaten getötet und mehr als 3800 weitere verletzt. Die Ukraine spricht von weitaus höheren Opferzahlen auf russischer Seite.

Auf der anderen Seite gehen die ukrainischen Behörden davon aus, dass bei dem russischen Angriff auf ein Theater in Mariupol in der vergangenen Woche rund 300 Menschen getötet wurden. Die Stadtverwaltung der Hafenstadt verwies auf Auswertungen von Augenzeugenberichten. Nach übereinstimmenden Informationen auch von Hilfsorganisationen hatten Hunderte Menschen im Keller des Gebäudes Schutz gesucht. Laut Angaben der Zeitung "The Guardian" seien lediglich 150 Überlebende unmittelbar nach dem Angriff aus den Trümmern gestolpert.

Russen umzingeln Städte im Norden

Nach Angaben des britischen Militärgeheimdienstes gelang der ukrainischen Armee zuletzt die Rückeroberung mehrerer wichtiger Orte und Verteidigungspositionen östlich der Hauptstadt Kiew. Demnach zerstörte die ukrainische Armee als Teil ihrer Strategie, auf die verwundbaren russischen Versorgungslinien zu zielen, auch ein russisches Munitionslager. Allerdings droht neue Gefahr im Norden. Ukrainischen Angaben zufolge haben russische Einheiten die Kleinstädte Slawutytsch und Tschwernihiw nördlich von Kiew umzingelt.

Auch die russischen Raketenangriffe halten an. Moskau teilte mit, man habe ein großes Tanklager in der Nähe durch Raketenbeschuss zerstört. Mit "hochpräzisen seegestützten Marschflugkörpern vom Typ Kalibr" sei eine Treibstoffbasis im Dorf Kalyniwka in der Nähe von Kiew angegriffen worden, erklärte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Dort habe die ukrainische Armee ihren "größten verbliebenen Treibstoffvorrat" aufbewahrt.

Lawrow wirft Westen "totalen Krieg" vor

Unterdessen ist ein weiterer General der russischen Streitkräfte nach Angaben Kiews getötet worden. Ukrainische Truppen hätten bei einem Bombenangriff auf den Flughafen von Tschornobajiwka in der Region Cherson den Kommandanten der 49. Armee des südlichen Distrikts, General Jakow Wladimirowitsch Rezantsew, getötet, erklärte Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch. Rezantsew ist bereits der sechste russische General, dessen Tod die Ukraine seit Kriegsbeginn meldet. Vor rund einer Woche wurde auf demselben Flugplatz Generalleutnant Andrej Mordwitschew, Kommandeur der 8. Armee des südlichen Militärbezirks der russischen Streitkräfte, getötet.

Bei der Kriegsrhetorik scheint die russische Führung dennoch keine Grenzen mehr zu kennen. Mit Blick auf westliche Sanktionen hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow von einem gegen Moskau gerichteten "hybriden Krieg" gesprochen. "Heute haben sie uns einen echten hybriden Krieg erklärt, den totalen Krieg", sagte Lawrow bei einer Sitzung mit Vertretern einer Diplomatie-Stiftung der Staatsagentur Tass zufolge. "Diesen Begriff, der in Hitler-Deutschland verwendet wurde, sprechen jetzt europäische Politiker aus, wenn sie davon sprechen, was sie mit der Russischen Föderation tun wollen." Die tatsächliche Verwendung des Begriffs durch namhafte EU-Politiker in den vergangenen Wochen ist allerdings nicht bekannt.

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Quelle: ntv.de, jpe/dpa/rts

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