Politik

Warnung vor "Wut der Massen" Moskaus Ex-Oberrabbiner ruft Juden zur Flucht aus Russland auf

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Pinchas Goldschmidt sorgt sich um die Sicherheit der Juden in Russland.

(Foto: picture alliance/dpa)

Weil er den Krieg gegen die Ukraine nicht unterstützt, muss Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmid ins Ausland fliehen. Nun ruft der Geistliche die noch in Russland verbliebenen Juden auf, seinem Beispiel zu folgen - solange sie noch können. Seine Sorge: Der Kreml könnte die Unzufriedenheit der Bevölkerung auf die jüdische Gemeinschaft lenken.

Moskaus ehemaliger Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt hat die in Russland lebenden Juden zur Flucht aus dem Land aufgerufen. Juden sollten Russland verlassen, solange sie noch könnten, bevor sie zu Sündenböcken für die durch den Krieg in der Ukraine verursachte Not gemacht werden, sagte Goldschmidt in einem Interview mit der britischen Zeitung "The Guardian".

"Wenn man auf die russische Geschichte zurückblickt, sieht man, dass die Regierung immer dann, wenn das politische System in Gefahr war, versucht hat, die Wut und Unzufriedenheit der Massen auf die jüdische Gemeinschaft zu lenken. Wir haben das in der Zarenzeit und am Ende des stalinistischen Regimes gesehen", sagte Pinchas der Zeitung.

"Wir erleben einen zunehmenden Antisemitismus, während Russland zu einer neuen Art von Sowjetunion zurückkehrt und sich der Eiserne Vorhang Schritt für Schritt wieder senkt", fügte der Rabbiner hinzu. "Deshalb glaube ich, dass die beste Option für russische Juden darin besteht, das Land zu verlassen".

Noch 165.000 Juden in Russland

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Goldschmidt ist Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz. Nachdem er sich geweigert hatte, die russische Invasion in der Ukraine zu unterstützen, musste er im Juli sein Amt als Oberrabbiner von Moskau niederlegen, das er seit 1993 ausübte, und das Land verlassen.

Ebenfalls im Juli hatte das russische Justizministerium die Auflösung der russischen Stelle der Organisation "Jewish Agency for Israel" beantragt. Sie hilft Juden, nach Israel zu ziehen. Russlands Juden sind in den vergangenen 100 Jahren zu Zehntausenden ausgewandert, zuerst nach Europa und Amerika und in jüngerer Zeit nach Israel. Wie "The Guardian" unter Berufung auf die Volkszählung von 1926 berichtete, lebten in der damaligen Sowjetunion 2.672.000 Juden, davon 59 % in der Ukraine. Heute leben demnach nur noch etwa 165.000 Juden in Russland – bei einer Gesamtbevölkerung von 145 Millionen.

Quelle: ntv.de, uzh

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