Politik

"Hohes Todesrisiko für Diebe" Munitionsdepot auf Krim explodiert

Wieder einmal kommt es auf der von annektierten Krim zu Explosionen auf einem russischen Stützpunkt. Der Krim-Verwaltungschef zeigt sich erschüttert, der ukrainische Präsidentenberater höhnt dagegen: "Die Entmilitarisierung ist im Gang." Und im russischen Verteidigungsministerium fällt das S-Wort.

Auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim hat es nach russischen Behördenangaben erneut eine Explosion in einem Militärobjekt gegeben. Das Verteidigungsministerium in Moskau sprach dabei von einem "Sabotageakt". Bei dem Angriff sei am Morgen ein Militärlager getroffen worden, teilte das Ministerium nach Angaben der Agentur Interfax weiter mit. Es sei eine Reihe von zivilen Objekten beschädigt worden, darunter Stromleitungen, ein Kraftwerk und Bahngleise sowie einige Wohngebäude, hieß es. Es gebe keine Schwerverletzten. Es werde alles unternommen, um die Folgen zu beseitigen.

Der Krim-Verwaltungschef Sergej Aksjonow sagte sichtlich erschüttert vor Ort im Gebiet Dschankoj, es gebe zwei Verletzte. 2000 Menschen mussten nach offiziellen Angaben in Sicherheit gebracht werden. Wie Aksjonow in einer Videobotschaft in seinem Blog bei Telegram weiter erklärte, laufe eine Evakuierung. "Für die Sicherheit der Bewohner wird eine fünf Kilometer große Sicherheitszone gebildet", sagte er. Die Menschen würden vorübergehend in Schulen untergebracht. Kräfte des Verteidigungsministeriums, der Nationalgarde und des Zivilschutzes seien im Einsatz, um die Brände zu löschen.

Nach Behördenangaben kam es in dem Dorf Maiskoje zu der Explosion, und zwar auf dem Gelände eines früheren Bauernhofes, der von den russischen Streitkräften als Munitionslager genutzt wird. Auch eine Umspannstation für die Stromversorgung soll in Brand geraten sein. "Es gibt keine Unterbrechung der Stromversorgung der Verbraucher", zitiert die russische Agentur TASS allerdings das Energieministerium in Moskau.

Auch der Zugverkehr in der Region wurde nach Angaben von Aksjonow unterbrochen. Menschen würden mit Bussen zu ihren Zielen gebracht, sagte er. Über Dschankoj gehen die Bahnverbindungen von Moskau über die neue Krimbrücke in die Hauptstadt Simferopol auf der Halbinsel. Die Züge von Moskau sollten nur noch bis Wladislawowka fahren. Weil der Flugverkehr eingestellt ist, nutzen viele Touristen in der Sommerzeit die Bahn, um in die Kurorte am Schwarzen Meer zu gelangen.

HIMARS? Saboteure? Neptunes?

Auf Videos in den sozialen Netzwerken waren ein großes Feuer und eine Rauchwolke zu sehen. Dazu schreibt der "Politico"-Journalist Christopher Miller: "Explosionen heute Morgen in einem russischen Munitionsdepot in der Nähe von Dzhankoi, einem wichtigen Knotenpunkt im Nordwesten der Krim. HIMARS? Saboteure? Neptunes? Etwas anderes? Unklar. Aber die Ukraine hat schon einmal tief hinter den feindlichen Linien zugeschlagen."

Noch steht offiziell nicht fest, wer hinter den Explosionen steckt. Laut der "New York Times" sagte ein hoher ukrainischer Beamter allerdings, dass eine ukrainische Eliteeinheit, die hinter den feindlichen Linien operiert, für die Explosion verantwortlich sei. Ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskij bestätigte lediglich, dass die Explosion stattgefunden hat. So schrieb Mychajlo Podoljak nach den Explosionen auf Twitter: "Der Morgen nahe Dschankoj begann mit Explosionen. Zur Erinnerung: Die Krim eines normalen Landes heißt Schwarzes Meer, Berge, Erholung und Tourismus; die von Russen besetzte Krim bedeutet Explosionen von Depots und ein hohes Todesrisiko für die Invasoren und Diebe. Die Entmilitarisierung ist im Gang."

Erst am Dienstag vor einer Woche gab es schwere Explosionen auf einem russischen Militärstützpunkt. Bei den Explosionen auf der Basis in Saki nahe dem Kurort Nowofjodorowka wurden nach Behördenangaben ein Mensch getötet und 14 weitere Menschen verletzt. Experten gehen davon aus, dass die Ukraine der Basis einen Schlag versetzte und dabei mehrere Kampfjets zerstörte. Offiziell bestätigt hat Kiew den Angriff nicht. Russland hingegen behauptet, es sei wegen Verstoßes gegen den Brandschutz zu der Explosion gekommen.

Schon am 31. Juli schlug bei der russischen Schwarzmeerflotte in der Hafenstadt Sewastopol nach Moskauer Angaben eine ukrainische Drohne ein. Auch damals gab es Verletzte. Die Ukraine wies die russische Darstellung als "erfunden" zurück.

Putin wollte Sicherheit der Krim verstärken

Die Zwischenfälle werfen bei russischen Beobachtern inzwischen Fragen auf, wie gut die militärisch hochgerüstete Halbinsel, die sich Moskau 2014 einverleibte, tatsächlich geschützt ist. Kremlchef Wladimir Putin hatte immer wieder angekündigt, dass die Sicherheit der Krim noch weiter verstärkt werden solle.

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Auch russische Regionen im Grenzgebiet zur Ukraine berichten von einer extrem gespannten Lage im Zuge angeblicher Angriffe aus dem Nachbarland. Die Gouverneure von Brjansk, Kursk und Belgorod klagen immer wieder über Verletzte und schwere Zerstörungen. Aber bisher hat Russland seinen Drohungen, Kommandozentralen in Kiew zu bombardieren, wenn der Beschuss nicht aufhöre, keine Taten folgen lassen.

Überprüfbar von unabhängiger Seite ist nicht, wer genau die Attacken verübt. Klar ist aber, dass auch der neue Fall der Explosionen dem russischen Image als Garant für die Sicherheit auf der Krim schadet. Präsident Wolodymyr Selenskyj meinte vorige Woche, die Krim habe sich in einen der gefährlichsten Orte Europas verwandelt. "Die Schwarzmeerregion kann nicht sicher sein, solange die Krim besetzt ist", erklärte er. "Dieser russische Krieg gegen die Ukraine, gegen das ganze freie Europa, hat mit der Krim begonnen und muss mit der Krim enden, mit ihrer Befreiung."

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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