Gefechte in Israel und Libanon Netanjahu: "Hisbollah wird die Botschaft verstehen"
22.09.2024, 16:46 Uhr Artikel anhören
"Israel wird den Beschuss seiner Städte nicht dulden", sagt Ministerpräsident Netanjahu.
(Foto: dpa)
Zwischen der Hisbollah und Israel gibt es auch am heutigen Sonntag heftige Gefechte. Nach Raketenbeschuss, der tief nach Israel hineinreicht, fliegt die Luftwaffe Angriffe auf Terror-Stellungen im Libanon. Israels Ministerpräsident Netanjahu versucht, verbal ein Zeichen der Stärke zu senden.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich in einem Video-Statement kämpferisch gezeigt: "In den vergangenen Tagen haben wir die Hisbollah mit einer Reihe von Schlägen getroffen, mit denen sie nicht gerechnet hat." Sollte die Hisbollah bisher "die Botschaft nicht verstanden haben, verspreche ich Ihnen, dass sie die Botschaft verstehen wird". Israel sei entschlossen, die Rückkehr seiner aus dem Norden des Landes vertriebenen Bürger herbeizuführen, betonte Netanjahu. 60.000 Israelis seien "zu Flüchtlingen in ihrem eigenen Land" geworden. "Kein Land kann den Beschuss seiner Bewohner dulden, den Beschuss seiner Städte. Und der Staat Israel wird es auch nicht dulden. Wir werden alles Nötige tun, um die Sicherheit wiederherzustellen."
Die Hisbollah-Miliz gerät nach Einschätzung des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant durch die militärische Macht seines Landes zunehmend unter Druck. Die Hisbollah habe begonnen, die Wirkung der militärischen Fähigkeiten der israelischen Streitkräfte zu spüren. "Und sie spürt, dass sie verfolgt wird", sagte Galant nach Angaben seines Büros. "Die Aktivitäten werden fortgesetzt, bis wir einen Punkt erreichen, an dem wir die sichere Rückkehr der Bewohner der nördlichen Gemeinden Israels in ihre Häuser gewährleisten können - das ist unser Ziel, das ist unsere Mission, und wir werden die notwendigen Mittel einsetzen, um es zu erreichen."
Zwischen der Hisbollah und Israel kam es an diesem Wochenende zum schwersten Beschuss seit Beginn ihrer erneuten Konfrontation vor bald einem Jahr. Die proiranische Miliz feuerte in der Nacht zum Sonntag aus dem Libanon Dutzende Raketen auf den Norden Israels ab, die so weit reichten wie noch nie seit Beginn der Angriffe der Hisbollah auf Israel vor fast einem Jahr. Die israelische Luftwaffe wiederum flog nach eigenen Angaben seit Samstagnachmittag Angriffe auf Hunderte Stellungen der Hisbollah im Libanon.
Drei Tote im Libanon
Laut israelischen Angaben wurden die meisten Geschosse der Hisbollah abgefangen. Berichte über Tote in Israel gab es nicht. Sanitäter meldeten sechs Verletzte. Die israelische Armee sprach von etwa 115 Angriffen aus der Luft auf zivile Gebiete im Norden Israels. Die Streitkräfte seien zur Verteidigung in dem Gebiet im Einsatz und befänden sich in höchster Bereitschaft, um die Bedrohungen zu vereiteln. Israels Armee werde ihre Angriffe gegen die Miliz fortsetzen "und intensivieren", hieß es weiter. Israelischen Medienberichten zufolge gab es Einschläge im Norden. In Kiriat Bialik nahe der Hafenstadt Haifa seien zwei Häuser getroffen worden, berichtete die Nachrichtenseite ynet. Auch in Haifa selbst gab es Raketenalarm.
Die libanesischen Behörden meldeten drei Tote infolge der erneuten israelischen Luftangriffe. Bei dem Vorfall in zwei Dörfern im Süden seien außerdem drei Menschen verletzt worden. Von der israelischen Armee gab es dazu keine Angaben.
In den vergangenen Tagen hatte Israel mit mehreren folgenschweren Angriffen den Druck auf die Hisbollah spürbar erhöht. Seit Dienstag wurden bei Explosionen von Kommunikationsgeräten, einem massiven Luftschlag in einem Vorort in Beirut und Angriffen im Süden des Landes mindestens 86 Menschen getötet und mehr als 3000 verletzt, der Großteil davon wohl Hisbollah-Mitglieder. Beobachter sehen die Miliz unter Zugzwang, darauf zu reagieren.
Attacken auch vom Irak aus
Zugleich herrscht die Sorge vor einer möglichen Bodenoffensive Israels im Süden des Nachbarlands. Die Hisbollah erklärte, sie habe Dutzende Raketen auf Israel abgefeuert, darunter auf den Militärstützpunkt Ramat David nahe Haifa und den dortigen Flughafen sowie auf ein Gelände des israelischen Rüstungsunternehmens Rafael.
Auch proiranische Milizen im Irak begannen neue Angriffe. Die Gruppe "Islamischer Widerstand im Irak" - ein Zusammenschluss aus Milizen in dem Land - erklärte, ihre Kämpfer hätten ein "wichtiges Ziel" in Israel mit Drohnen attackiert, ohne Details zu nennen. Sie würden ihre Angriffe fortsetzen, hieß es weiter.
Israels Armee teilte am Morgen mit, sie habe einen von Osten kommenden Flugkörper abgefangen, bevor dieser israelisches Gebiet erreichte. In der Nacht wurden nach Militärangaben mehrere Drohnen abgefangen, die sich Israel vom Irak aus näherten. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast einem Jahr kommt es immer wieder zu Angriffen der sogenannten "Widerstandsachse" von Verbündeten des Irans auf Israel.
Patienten müssen in Schutzräume
Angesichts der Eskalation verschärfte die Armee am frühen Sonntagmorgen die Einschränkungen für Bewohner im Norden Israels. Unter anderem auf den Golanhöhen und in der Küstenstadt Haifa durfte kein Unterricht stattfinden. Arbeitsplätze durften nur aufgesucht werden, wenn sich ein Schutzraum in der Nähe befindet, wie die "Times of Israel" meldete. Versammlungen im Freien seien auf maximal zehn Personen, in Innenräumen auf 100 Teilnehmer beschränkt. Medienberichten zufolge wurden auch Krankenhäuser im Norden Israels angewiesen, ihre Patienten in Schutzräume zu verlegen.
Die Hisbollah will ihre Angriffe auf Israel nach eigenen Angaben erst einstellen, wenn es zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der mit ihr verbündeten islamistischen Hamas im Gazastreifen kommt.
Die Sonderkoordinatorin der Vereinten Nationen für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, sieht die Region "an der Schwelle zu einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe." Es könne nicht oft genug betont werden, dass es keine militärische Lösung gebe, "die irgendeine der beiden Seiten sicherer machen wird", sagte sie. Die UN-Beobachtermission UNIFIL überwacht seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AP