Politik

"Mache hier paar Tage Urlaub" Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist nach Moskau gereist

In Deutschland ist Gerhard Schröder wegen seiner Putin-Nähe in Ungnade gefallen. Nun macht der frühere Bundeskanzler ausgerechnet in Moskau "Urlaub", wie er dem ntv-Korrespondenten in Russlands Hauptstadt erzählt. Die Bundesregierung geht umgehend auf Distanz zum Ex-SPD-Chef.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hält sich derzeit erneut in Moskau auf. "Ich mache hier ein paar Tage Urlaub. Moskau ist eine schöne Stadt", sagte er ntv-Korrespondent Dirk Emmerich. Auf den Hinweis, dass es nicht weit bis zur Zentrale des russischen Ölkonzerns Rosneft sei, erwiderte Schröder: "Ist das so? Ach ja, stimmt, da haben Sie recht." Schröder hatte im Mai entschieden, seinen Posten dort aufzugeben und ebenfalls erklärt, auf einen angebotenen Aufsichtsratsposten beim Gaskonzern Gazprom zu verzichten.

Der Sozialdemokrat und Arbeitsminister Hubertus Heil ging im Interview mit RTL und ntv erneut auf Distanz zum einstigen SPD-Vorsitzenden Schröder. "Ich habe schon lange kein Verständnis mehr für ein solches Verhalten, gerade in diesen Zeiten", sagte Heil. "Es ist aber nicht relevant für die Politik der Bundesregierung und meiner Partei." Ein Regierungssprecher erklärte auf Nachfrage von RTL und ntv: "Das Bundeskanzleramt war und ist nicht in die Durchführung einer Reise von Gerhard Schröder nach Moskau eingebunden."

Schröder will Draht zu Putin halten

Der frühere Bundeskanzler Schröder (1998 bis 2005) steht seit Jahren wegen seines Engagements für russische Staatskonzerne in der Kritik und gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs nahm der Druck auf ihn deswegen immer weiter zu. Seinen Draht zu Putin wolle Schröder trotz des russischen Angriffskriegs weiter aufrechterhalten, hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" kürzlich berichtet. "Ich werde meine Gesprächsmöglichkeiten mit Präsident Putin nicht aufgeben", sagte der Altkanzler demnach. Dem Bericht zufolge erklärte Schröder, er glaube nicht an eine militärische Lösung in der Ukraine, und hinterfragte, warum man sich auf die Lieferung von Waffen konzentriere.

Ende Mai waren einige von Schröders Privilegien als ehemaliger Kanzler gestrichen worden. So hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags die Abwicklung seines Büros beschlossen. Für die dortigen Personalausgaben waren allein im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der 78-Jährige aber weiterhin.

In der SPD läuft derzeit ein Verfahren gegen Schröder bezüglich eines möglichen Parteiausschlusses. Die rechtlichen Hürden für eine Parteistrafe oder gar einen Ausschluss sind allerdings sehr hoch. Eine Entscheidung wird im Laufe der nächsten drei Wochen getroffen - als realistisch gilt eine Verkündung in der ersten Augustwoche.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 25. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, mba/shu/dpa

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