Politik

Chimäre "Einwanderungsland" Nur Zuwanderung kann die deutsche Wirtschaft retten? Falsch!

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos

Wer auf den legalen Wegen der Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland kommt, hat in neun von zehn Fällen sofort eine reguläre Arbeit oder Ausbildung.

Wer auf den legalen Wegen der Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland kommt, hat in neun von zehn Fällen sofort eine reguläre Arbeit oder Ausbildung.

(Foto: picture alliance/dpa)

Von den Einwanderern, die die hiesigen Unternehmen dringend brauchen, gibt es viel zu wenige. Mit den Millionen Flüchtlingen, die stattdessen kommen, wird das Falsche gemacht. Deutschland will Einwanderungsland sein. Ist es aber nicht.

Dass Deutschland ein "Einwanderungsland" zu sein habe, ist für die Befürworter nicht nur eine Frage von weltoffener Liberalität. Die ökonomische Begründung ist längst in den Vordergrund gerückt: Nur die massive Zuwanderung von arbeitenden Menschen könne die deutsche Wirtschaft retten, deren Unternehmen anders die Lücken nicht füllen können, welche die Verrentung der großen Babyboomer-Generation reißt. Doch so sehr die Regierungen sich auch mühen, so viel Druck das Framing auch entfaltet - Deutschland ist kein Einwanderungsland. Deutschland ist ein Fluchtland. Das ist ein großer Unterschied, den nicht wahrhaben zu wollen die Politik falsch leitet und der Gesellschaft einen hohen Preis abverlangt.

Die Geschichte der Fachkräfte-Einwanderung ist eine Geschichte der sukzessiven Erleichterungen, gesenkten Standards und vereinfachten Verfahren. Warum auch nicht, Hauptsache, es kommen die Richtigen. Doch die Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, sind sehr skeptisch. Im Mai 2024 erklärten sie in einer Übersicht, dass im Rahmen der "Erwerbsmigration" pro Jahr 300.000 bis 350.000 Menschen aus Nicht-EU-Staaten zuziehen müssten, es im Jahr 2023 jedoch nur gut 70.000 getan hätten. "Weit davon entfernt, was erforderlich wäre", schreibt der Spiegel. Auch im Jahr 2024 dürften es kaum mehr gewesen sein, die größten Zuwächse bei der Visa-Erteilung gab es bei Studenten und Auszubildenden. Die neue "Chancenkarte" hingegen nutzen bislang nur einige Hundert Interessenten pro Monat, die Ampel-Regierung hatte mit dem Fünffachen gerechnet. Zugleich flüchteten bald vier Millionen Menschen in den letzten zehn Jahren nach Deutschland, 3,5 Millionen leben derzeit hier. Mitte des vergangenen Jahrzehnts waren es weit über eine Million Syrer, die zu uns kamen. Anfang dieses Jahrzehnts waren es mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine. Dazwischen waren es in keinem Jahr weniger als 100.000 neue Asylsuchende, im Schnitt der Jahre mehr als 200.000.

ANZEIGE
Falsche Wahrheiten: 12 linke Glaubenssätze, die unser Land in die Irre führen
73
18,99 €
Zum Angebot bei amazon.de

Warum haben die verschiedenen Regierungen so viel mehr Energie und Hirnschmalz darauf verwandt, der Chimäre "Einwanderungsland" mit immer neuen Anreizen oder Erleichterungen hinterherzujagen - als zu lernen, mit der Realität "Fluchtland" umzugehen? Wie und warum hat der honorige, wiewohl realitätsblinde Glaubenssatz "Deutschland ist ein Einwanderungsland" die Verantwortlichen so weit am viel dringenderen Problem vorbeilotsen können?

Der Preis sind Hass und Hetze

Wer auf den legalen Wegen der Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland kommt, hat in neun von zehn Fällen sofort eine reguläre Arbeit oder Ausbildung. Bei den Flüchtlingen oder Asylsuchenden ist es dramatisch anders. Sie brauchen sehr viel Zeit. Während insgesamt weniger als die Hälfte aller Zuwanderer und Flüchtlinge aus den acht Hauptherkunftsländern eine reguläre Arbeit hat (44 Prozent), gilt in der Gruppe der zwischen 2013 und 2019 Geflüchteten: "Acht und mehr Jahre" nach Ankunft haben 68 Prozent eine reguläre Arbeit, die im Schnitt knapp über Mindestlohn bezahlt wird. Und wenn mangelnde Deutschkenntnisse dabei das größte Problem sind: Was wäre zu tun, damit jemand schon im dritten oder fünften Jahr leidlich Deutsch lernt? Und was hat er die Jahre getan, in denen er oder sie es nicht gelernt hat?

Mehr zum Thema

Wie man sieht, hat es einen in Euro bezifferbaren Preis, wenn die Kategorien von Einwanderungs- und Fluchtland aus politisch gewünschten Gründen vermengt werden: Von den "Richtigen" kommen viel zu wenige, und mit den "Falschen" wird nicht das Richtige gemacht. Im alimentierenden Sozialsystem wirft das vermeidbare Kosten in Milliardenhöhe auf, und in der Wirtschaft bleibt das Wachstum milliardenweit unter den Möglichkeiten.

Die verschleiernde Vermengung hat indes auch einen gesamtgesellschaftlichen Preis, der sich zwar nicht in Euro und Cent bemessen lässt, doch in der einhergehenden Menge von Hass und Hetze: Wer Flucht mit Einwanderung gleichsetzt, muss politisch mehr als nötig für die unvermeidlichen Folgen unkontrollierter Fluchtbewegungen haften. In Deutschland ist das die zuletzt angestiegene Kriminalität. Selbst die sozialdemokratische Innenministerin kann angesichts der letzten polizeilichen Kriminalstatistik nicht anders, als öffentlich einzuräumen, dass zunehmende Migration zunehmende Kriminalität nach sich zieht. Wenn sie sich komplett ehrlich hätte machen wollen, hätte sie hinzufügen können: Mit der Migration oder Zuwanderung indischer Mathematiker oder mexikanischer Krankenschwestern hat dieser Anstieg der Kriminalität nichts zu tun.

Der Text ist ein gekürzter Auszug aus dem Buch "Falsche Wahrheiten: 12 linke Glaubenssätze, die unser Land in die Irre führen" von Nikolaus Blome. Der Autor ist Politikchef von RTL und ntv.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen