Die Kriegsnacht im Überblick Odessa meldet Raketenangriffe - Ukrainischer Minister für Entmilitarisierung von Teilen Russlands
27.06.2022, 07:20 Uhr
Im ostukrainischen Donezk halten die Kämpfe an. (Archivbild)
(Foto: REUTERS)
Die G7 setzen ihren Gipfel auf Schloss Elmau fort und erwarten die Ansprache des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Dieser hat bereits in der Nacht seine Forderung an die Staatengemeinschaft kundgetan: schnell mehr Waffen. Unterdessen greift Russland weitere Ziele an. Im Schwarzen Meer soll zudem erneut eine Bohrinsel beschädigt worden sein. Die Kriegsnacht im Überblick.
"Die Partner müssen sich schneller bewegen"
Vor seiner geplanten Videoschalte beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj abermals schnellere Waffenlieferungen an sein Land gefordert. "Wir brauchen eine schlagkräftige Luftverteidigung - modern, voll wirksam", sagte er in der Nacht in seiner täglichen Videoansprache. Allein am Samstag seien 62 russische Raketen in seinem Land eingeschlagen. Jede Verzögerung von Waffenlieferungen an die Ukraine sei eine Einladung an Russland, weiter zuzuschlagen, meinte Selenskyj. Die G7-Länder, zu denen Deutschland, die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan zählen, verfügten gemeinsam über so viel Potenzial, "um die russische Aggression gegen die Ukraine und Europa zu stoppen" sagte Selenskyj. "Es gibt bereits einige Vereinbarungen. Die Partner müssen sich schneller bewegen."
Ukrainischer Verteidigungsminister fordert Raketenabwehrsysteme
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow forderte konkret moderne Raketenabwehrsysteme mit hoher Reichweite vom Westen. Diese müssten schnell stationiert werden, um so auch die Sicherheit für europäische Städte zu gewährleisten, schrieb er bei Facebook. Er bezeichnete Raketenangriffe auf "friedliche ukrainische Städte" als heimtückisch, weil sie entweder vom russischen Territorium aus oder von Belarus oder vom Kaspischen und Schwarzen Meer aus gestartet würden. Resnikow schlug zudem eine Entmilitarisierung von Teilen Russlands vor als Voraussetzung für die Wiederaufnahme von Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen. Auch in der Nacht gab es wieder einen schweren Raketenangriff. Im Gebiet Odessa im Süden der Ukraine sind dabei sechs Menschen verletzt worden. Die Rakete sei von einem russischen strategischen Bomber des Typs Tu-22 abgefeuert worden, teilte das ukrainische Wehrkommando Süd mit.
Kämpfe um die Stadt Lyssytschansk
Nach der Einnahme der Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine durch russische Truppen gehen die Kämpfe um die Stadt Lyssytschansk weiter. Der Feind versuche verstärkt mit Unterstützung der Artillerie, die strategisch wichtige Stadt aus südlicher Richtung zu blockieren, teilte der ukrainische Generalstab am Sonntagabend mit. Dabei sei auch zivile und militärische Infrastruktur getroffen worden. Das ließ sich nicht unabhängig überprüfen. Laut ukrainischen Angaben gab es zudem Kämpfe auf der von Russland eroberten Schlangeninsel im Schwarzen Meer. Details lagen zunächst nicht vor.
Erneut Bohrinsel im Schwarzen Meer angegriffen
Im Schwarzen Meer ist erneut eine Gasförderplattform angegriffen worden. Das teilten Vertreter der von Russland einverleibten Halbinsel Krim am Sonntagabend mit, wie die russische Staatsagentur Tass meldete. Sie machten die Ukraine für den Angriff verantwortlich. Das ließ sich nicht überprüfen. Es habe keine Verletzten gegeben, hieß es. Unklar war, ob ein Feuer ausbrach. Erst am vergangenen Montag waren drei Bohrinseln im Schwarzen Meer mit Raketen attackiert worden. Die ursprünglich ukrainischen Anlagen waren im März 2014 im Zuge der Annexion der Krim besetzt worden.
Moskau stellt erneut Bedingung für Verhandlungen
Russland hat abermals Verhandlungen mit der Ukraine an die Bedingung geknüpft, dass Kiew die Forderungen Moskaus akzeptiert. Das sagte die Vorsitzende des russischen Föderationsrats, Valentina Matwijenko, wie die Staatsagentur Tass meldete. Die in der Öffentlichkeit geäußerten Forderungen Moskaus zu Beginn des Kriegs bestanden etwa in der Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten sowie der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Staatsgebiet.
Selenskyj appelliert an Belarussen
Selenskyj rief die Menschen im Nachbarland Belarus dazu auf, sich nicht in den russischen Angriffskrieg hineinziehen zu lassen. "Der Kreml hat bereits alles für Euch entschieden", sagte er am Sonntag mit Blick auf Moskau. "Aber Ihr seid keine Sklaven und Kanonenfutter. Ihr dürft nicht sterben." Am Samstag hatte sich der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko abermals mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin getroffen. Dabei kündigte der Kremlchef die Lieferung von Raketensystemen vom Typ Iskander-M nach Belarus an, die auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden können.
Von der Leyen: G20 nicht von Putin kaputt machen lassen
Am Rande des G7-Gipfels sprach sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegen einen Boykott des G20-Gipfels im Herbst aus - auch wenn Putin am nächsten Treffen teilnehmen sollte. "Wir müssen sehr genau überlegen, ob wir die gesamte G20 lahmlegen, da plädiere ich nicht dafür", sagte von der Leyen dem ZDF-"heute journal". "Meines Erachtens ist G20 zu wichtig, auch für die Entwicklungsländer, die Schwellenländer, als dass wir uns dieses Gremium kaputt machen lassen sollten, auch wieder von Putin."
Das bringt der Tag
- Der Gipfel der sieben führenden demokratischen Industriestaaten auf Schloss Elmau in den bayerischen Alpen wird fortgesetzt. Erwartet wird, dass der ukrainische Präsident Selenskyj per Videoschalte zu den Teilnehmern spricht. Im Mittelpunkt des dreitägigen G7-Treffens, das am Sonntag begann, stehen der Krieg und seine Folgen.
- NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gibt in einer für 13 Uhr terminierten Pressekonferenz einen Ausblick auf den Bündnisgipfel in Madrid vom 28. bis 30. Juni.
- Die für Energie zuständigen Minister der EU-Staaten beraten über die Energiesituation in der EU im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Zudem sollen Positionen zur Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie und der Richtlinie über erneuerbare Energien beschlossen werden.
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Quelle: ntv.de, fzö/dpa