Was wird aus deutschen Bedenken? Offene Fragen vor Abstimmung über EU-Gaspreisdeckel
19.12.2022, 11:18 Uhr
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Gespräch mit der französischen Energieministerin Agnes Pannier-Runacher.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die Wirtschafts- und Energieminister der EU-Staaten stimmen im Lauf des Tages über den Gaspreisdeckel ab. Noch sind aber viele Fragen offen, vor allem die maximale Höhe ist umstritten. In den Niederlanden macht ein Großhandelsplatz für Gas Druck, und Deutschland sorgt sich um die Versorgung mit Flüssiggas.
Die Verhandlungen um einen europäischen Gaspreisdeckel gehen in die entscheidende Phase. Im Lauf des Tages wollen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seine EU-Kolleginnen und -Kollegen nach monatelangem Streit einen Höchstpreis für Gas beschließen. Dafür hatten ihnen die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel vergangene Woche einen ausdrücklichen Auftrag erteilt. Entscheidende Details wie die Höhe des Preislimits sind jedoch noch offen.
Druck für einen Deckel
Seit Monaten streiten die EU-Staaten über Maßnahmen, um den angesichts des Ukraine-Kriegs stark schwankenden Gaspreis zu kontrollieren. Die EU-Kommission hatte unter dem Druck einer Vielzahl von Staaten vorgeschlagen, unter bestimmten Umständen den Preis für Gas, das am Großhandelsplatz TTF verkauft wird, bei 275 Euro pro Megawattstunde zu deckeln. Ein solcher Preisdeckel würde Großkunden betreffen, die dort handeln - nicht Endverbraucher, wie etwa bei der Gaspreisbremse der Bundesregierung. Die Bundesregierung hatte sich lange gegen einen solchen Mechanismus gesträubt und befürchtet, dass dann die Versorgungssicherheit gefährdet wäre, weil Lieferanten ihr Gas etwa an asiatischen Märkten verkaufen könnten, wo sie höhere Preise erzielen könnten.
Habeck: Deutschland könnte überstimmt werden
Beim EU-Gipfel hieß es, dass die Bedenken von skeptischen Staaten wie Deutschland berücksichtigt werden sollen. Es soll etwa sichergestellt werden, dass für die Versorgung wichtige Tanker mit Flüssiggas (LNG) wegen des Preisdeckels nicht abdrehen. Zudem sollen die europäischen Preise trotz des Deckels über den internationalen Preisen liegen, um nicht überboten zu werden. Bundeswirtschaftsminister Habeck schließt jedoch nicht aus, dass Deutschland bei der Abstimmung über einen europäischen Gaspreisdeckel überstimmt werden könnte. "Wenn es so kommt, werden wir damit leben müssen", sagte Habeck am Rande eines Sondertreffens der für Energie zuständigen EU-Minister in Brüssel. "Das wäre natürlich ein Ergebnis, das nicht wünschenswert ist." Er strebe an, sich gemeinsam zu einigen.
Höhe des Deckels noch offen
Entscheidende Details des Mechanismus waren bis zuletzt noch unklar - etwa wie hoch der Preisdeckel genau sein soll und wann er ausgelöst wird. Im Gespräch ist nun eine niedrigere Grenze als von der EU-Kommission vorgeschlagen - zwischen 180 und 220 Euro pro Megawattstunde. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte vergangene Woche, er hoffe, dass der Preisdeckel nie greifen werde. "Der Preisdeckel (...) wird allerdings so hoch sein, dass ich hoffe, dass er niemals relevant wird", sagte er nach dem Gipfel.
Marktteilnehmer skeptisch
In trockenen Tüchern ist das Ganze noch nicht - auch weil unter anderem der Betreiber des betroffenen Handelsplatzes TTF damit droht, den derzeit in den Niederlanden angesiedelten Handelsplatz ins EU-Ausland zu verschieben. Sollte der Mechanismus beschlossen werden, müsse man alle Optionen prüfen bis hin zu der Frage, ob ein effektiver Markt in den Niederlanden noch lebensfähig sei, teilte der Betreiber Intercontinental Exchange (ICE) mit. In Deutschland warnte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vor zu harten Beschränkungen. "Eine niedrige Preisgrenze erschwert Gaseinkäufe und gefährdet die Versorgungssicherheit", sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.
Weitere Maßnahmen
Im Gespräch sind auch weitere Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise, etwa schnellere Genehmigungen für bestimmte Solar- oder Windanlagen sowie gemeinsame Gaseinkäufe in der EU. Können sich die Minister auf den Gaspreisdeckel einigen, sollen auch die anderen Vorhaben verabschiedet werden. Auf der Tagesordnung der EU-Ministerinnen und Minister steht zudem auch eine Verordnung zu klimaschädlichen Methanemissionen.
Quelle: ntv.de, als/dpa