Zwischenfall auf hoher See Pakistan entdeckt indisches U-Boot
05.03.2019, 13:47 Uhr
Geortet und zum Abdrehen gezwungen: Pakistan wertet den Vorfall als Beleg für die "Kompetenz" der eigenen Streitkräfte.
(Foto: © paknavy.gov.pk)
Die Spannungen zwischen Indien und Pakistan sind noch längst nicht ausgestanden: Bilder von einem Vorfall auf hoher See sollen die Friedensbemühungen der pakistanischen Marine belegen. Tatsächlich jedoch zeigt der Vorfall, dass es jederzeit zu Missverständnissen kommen könnte.
Inmitten der Spannungen zwischen den Atommächten Indien und Pakistan hat die pakistanische Marine eigenen Angaben zufolge ein indisches U-Boot an der Einfahrt in pakistanische Gewässer gehindert. Mit Blick auf die Friedensbemühungen der Regierung in Islamabad sei es bei dem Vorfall jedoch bei einer Warnung geblieben, teilten die Seestreitkräfte mit. "Das U-Boot hätte ohne Weiteres angegriffen und zerstört werden können", hieß es.
Die Militärs veröffentlichten Videoaufnahmen, die das indische U-Boot bei der Fahrt Richtung Pakistan zeigen sollen. Auf den Bildern, die offenbar vom Hubschrauber aus mit einer Infrarot-Kamera aufgenommen wurden, sind allerdings nur die Sensormasten eines U-Boots auf Tauchfahrt zu erkennen. Ob es sich dabei tatsächlich, wie von pakistanischer Seite behauptet, um eines der "neuesten U-Boote der indischen Marine" handelt, lässt sich anhand dieser Bilder nicht eindeutig belegen.
Außerhalb der 12-Meilen-Zone
Allerdings enthält das von den Pakistanern zur Verfügung gestellte Material neben dem Datum auch Positionsdaten. Der Vorfall ereignete sich demnach bereits zu Wochenbeginn auf dem offenen Meer rund 156 Kilometer vor der pakistanischen Küste. Zum Zeitpunkt der Sichtung befand sich das fragliche U-Boot damit weit außerhalb pakistanischer Hoheitsgewässer, allerdings noch innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone des Landes.
Eine unmittelbare Bedrohung dürfte von dem gesichteten U-Boot damit kaum ausgegangen sein. Der wichtigste pakistanische Hafen liegt rund 420 Kilometer östlich. Die dünn besiedelte Küstenregion vor der Einfahrt in den Golf von Oman bietet dagegen wenig militärisch oder wirtschaftlich bedeutsame Einrichtungen. Die Küste selbst befindet sich von dieser Position aus ohnehin weit außerhalb der Sichtweite.
Die pakistanische Marine wertete den Vorfall dennoch als Beleg für die "Wachsamkeit und Kompetenz" der eigenen Seestreitkräfte. Es sei nicht der erste Vorfall dieser Art, hieß es. Bereits im November sei ein indisches U-Boot geortet und zum Abdrehen gezwungen worden.
U-Boot der "Kalvari"-Klasse?
Indien verfügt neben älteren Atom-Unterseebooten, die noch aus Sowjetzeiten stammen, unter anderem auch über kleinere diesel-elektrisch angetriebene Einheiten der deutschen U-Bootbaureihe 209 sowie über ebenfalls konventionell angetriebene Angriffs-U-Boote der französischen "Scorpène"-Klasse, die ab 2005 in indischen Werften unter dem Programm-Namen "Kalvari" gebaut wurden.
Beobachter werteten die U-Boot-Sichtung im Meer vor Pakistan als Zeichen für das weiter extrem angespannte Verhältnis zwischen den beiden Atommächten. Die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern hatten zuletzt nach einem offenbar islamistisch motivierten Anschlag im indischen Teil der Kaschmirregion einen neuen Tiefpunkt erreicht: Ein Selbstmordattentäter hatte am 14. Februar südlich von Srinagar mit einer Autobombe, die er neben einem Bus zur Explosion brachte, 40 indische Sicherheitskräfte getötet. Die pakistanische islamistische Terrorgruppe Jaish-e-Mohammed hatte die Tat für sich reklamiert. Indien wirft Pakistan vor, die Bildung von Terrorzellen zu begünstigen.
Seit der Unabhängigkeit des früheren Britisch-Indien und seiner Aufteilung in Indien und Pakistan im Jahr 1947 beanspruchen beide Länder Kaschmir für sich - sie kontrollieren jeweils einen Teil. Die beiden Nachbarländer führten bereits zwei Kriege um das Gebiet. Vergangenen Dienstag flog Indiens Luftwaffe erstmals seit 1971 einen Angriff auf pakistanisches Gebiet. Pakistan schoss daraufhin nach eigenen Angaben am Mittwoch zwei indische Kampfflugzeuge ab. Ein indischer Pilot, der gefangen genommenen worden war, wurde am vergangenen Freitag den indischen Behörden übergeben.
Friedensnobelpreis für Imran Khan?
In dem Konflikt stehen sich zwei ungleiche Mächte gegenüber: Beobachter schätzen die Schlagkraft der indischen Streitkräfte und die wirtschaftliche Macht Indiens um ein vielfaches höher ein. Vor diesem Hintergrund erscheinen die öffentlich bekundeten Friedensbemühungen der pakistanischen Regierung wenig verwunderlich: In einem offenen, konventionell geführten Krieg hätte Pakistan nur geringe Aussichten auf dauerhafte militärische Erfolge.
In Pakistan schloss sich die Regierungspartei zuletzt einer Kampagne in sozialen Netzwerken an, die Ministerpräsident Imran Khan für den Friedensnobelpreis vorschlägt. Der Regierungschef bemühe sich in kluger Weise um einen Abbau der Spannungen zu Indien, hieß es. Pakistans umstrittene Rolle im Umgang mit gewaltbereiten Islamisten und den terroristischen Aktivitäten in Nachbarländern wie Afghanistan, Iran oder auch Indien wird dabei nicht erwähnt.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa