Diplomatische Krise mit Italien Paris schiebt 44 "Ocean-Viking"-Flüchtlinge ab
15.11.2022, 18:48 Uhr
Die Flüchtlinge sind zunächst in einem südfranzösischen Feriencamp untergebracht worden.
(Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP)
Die Migranten an Bord des Seenotretters "Ocean Viking" führen zu einer diplomatischen Krise zwischen Paris und Rom. Der französische Innenminister gibt nun bekannt, dass ein Teil der Flüchtlinge sofort wieder in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden soll.
Nach dem Tauziehen um das letztlich von Frankreich aufgenommene Seenotrettungsschiff "Ocean Viking" mit 234 Flüchtlingen an Bord will Paris 44 davon in ihre Herkunftsländer zurückschicken. Nach einer Überprüfung der am Freitag im Militärhafen von Toulon angekommenen Flüchtlinge habe sich gezeigt, dass die 44 keinen Anspruch auf ein Asylverfahren hätten, sagte Innenminister Gérald Darmanin am Nachmittag in der Nationalversammlung in Paris. Gründe dafür nannte er nicht.
Er habe bereits mit den Herkunftsländern Kontakt aufgenommen, um die Rückführung so schnell wie möglich zu organisieren, sobald der Gesundheitszustand der Flüchtlinge dies erlaube, sagte Darmanin. Zur Aufnahme der übrigen Flüchtlinge hätten sich Frankreich, Deutschland und neun weitere europäische Länder bereiterklärt. Der Innenminister verteidigte die Entscheidung, die "Ocean Viking" nach italienischer Weigerung in Frankreich anlegen zu lassen, gegen die Kritik einer rechtsnationalen Abgeordneten. "Hätten Sie diese 44 Kinder sterben lassen, wenn Sie in der Verantwortung gewesen wären", erwiderte der Minister mit Blick auf die minderjährigen Flüchtlinge an Bord.
Die Weigerung der Regierung von Italiens neuer ultrarechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die "Ocean Viking" in einen italienischen Hafen einfahren zu lassen, hatte Streit mit Frankreich ausgelöst. Das Nachbarland warf Italien einen Verstoß gegen internationales Recht vor. Außerdem setzte Frankreich eine im Juni getroffene Solidaritätsvereinbarung, wonach Mittelmeermigranten von Italien übernommen werden sollten, vorerst aus und verstärkte seine Kontrollen an der italienisch-französischen Grenze.
Macron telefoniert mit Matarella
Wegen der diplomatischen Krise hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag mit dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella telefoniert. Die beiden Präsidenten betonten "die hohe Bedeutung der Beziehungen" zwischen beiden Ländern. Dies gelte sowohl für die bilateralen Beziehungen als auch auf europäischer Ebene, hieß es danach.
Der französische Regierungssprecher Olivier Véran hatte zuvor an europäische Behörden appelliert, über Folgen für Italiens "inakzeptables Verhalten" zu entscheiden. Italien betonte seinerseits, dass es seit Jahresbeginn bereits 90.000 Migranten aufgenommen habe. Von den 8000, die auf andere europäische Länder verteilt werden sollten, seien erst 117 tatsächlich umverteilt worden.
Quelle: ntv.de, mau/AFP