Zeit für die City-Maut Pendler gehören verboten, nicht der Diesel
28.02.2018, 07:40 Uhr
Typisch Deutschland: Berufsverkehr auf der Aachener Straße in Köln.
(Foto: imago/Jörg Schüler)
Mit Fahrverboten wollen einzelne Städte die Luftverschmutzung in den Griff kriegen. Das ist inkonsequent: Wer die Gesundheit von Millionen Stadtbewohnern schützen will, sollte endlich den Pendler-Irrsinn beenden.
Millionen Autofahrer sind nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Fahrverboten bedroht. Sie sind zu Recht wütend auf die betrügerischen Autohersteller und enttäuscht von der Politik. Worüber aber niemand zu diskutieren wagt: Nicht die Autos sind das Problem, sondern die Menschen, die darin fahren.
Ob Stuttgart, Hamburg, Berlin, Köln, München oder eine der vielen anderen Großstädte, in denen Feinstaub und Stickoxid die Luft verpesten: Das Problem verursachen die unzähligen Berufspendler. Millionen Menschen, die jeden Tag ganz allein am Steuer eines Pkw aus den Vorstädten zur Arbeit in die Stadt fahren oder aus der Stadt in die Industrie- und Gewerbegebiete drum herum.
Vor allem die Umlandbewohner der Metropolen wundern sich immer wieder, wenn sie in der Rush Hour zur Arbeit tuckern, was für Menschen entlang dieser verkehrsbelasteten Einfallstraßen wohnen. "Ein Alptraum! Da haben wir es aber schöner mit all dem Grün bei uns. Und unsere Kinder erst! Arme Trottel!"
Fahrverbote sind überfällig
Arm, das ist es. Vor allem Menschen mit niedrigerem Einkommen hatten lange Zeit den giftigen Dreck der Bessergestellten zu ertragen. Jetzt, wo es in den Städten voller und teurer wird und auch die Mittelschicht an den Hauptverkehrsadern leben muss, verändert sich etwas. Ein Zufall?
So oder so, Fahrverbote sind überfällig. Sie sind eine viel zu späte und letztlich hilflose Reaktion auf eine völlig verfehlte Verkehrspolitik. Ob Pendlerpauschale oder steuerliche Förderung von Dienstwagenflotten und Pkw für Selbständige: Mit unzeitgemäßen Maßnahmen werden Autoindustrie und ländliche Lebensräume, wo man schön wohnen, aber schlecht arbeiten kann, am Leben erhalten.
Hinter dieser Verkehrspolitik steckt die Haltung, selbst im Angesicht des Klimawandels und seiner fatalen Auswirkungen, dem Wähler ja nichts zuzumuten. Komfort und Bequemlichkeit haben in der Konsumgesellschaft Priorität. Deshalb verfettet und vereinsamt die Gesellschaft am Steuer von Trutzburgen ähnelnden SUVs.
Das Ende der Bequemlichkeit
Derweil betreiben Industrie und Politik weiter Augenwischerei: Die Hersteller müssten nur saubere Verbrennungsmotoren entwickeln und neue Filtertechnik würde alles richten. Und ganz bald schon fahren wir ohnehin alle elektrisch. Auf dem Weg dahin bekommt die Autoindustrie direkt oder indirekt weitere Steuermilliarden zugeschoben.
Dabei belasten letztlich auch Elektroautos die Umwelt. Verbrennerautos werden noch viele Jahre die Stadtluft vergiften, selbst wenn mit älteren Dieselfahrzeugen die schlimmsten Übeltäter draußen blieben. Ohnehin ist absehbar, dass Fahrverbote nur für einzelne Strecken kommen, die verpestete Luft mithin nur gleichmäßiger in der Stadt verteilt wird.
Die Lösung für ein gesundes Leben in den Großstädten können daher nur das Ende der Pendlerpauschale und die Einführung der City Maut sein: Eine schrittweise Erhöhung der Fahrtkosten für den innerstädtischen Bereich, deren Einnahmen in den Ausbau und die Subventionierung des öffentlichen Nah- und Radverkehrs fließen.
Wer die City Maut nicht zahlen kann oder will, lässt das Auto am Stadtrand und steigt um auf Fahrrad und ÖPNV. Oder er muss Fahrgemeinschaften bilden. In der Ära des Smartphones eine leicht machbare Aufgabe. Denn das ist die eigentliche Botschaft des Bundesverwaltungsgerichts: Der Schutz von Umwelt und Gesundheit aller ist wichtiger als der gemütliche Fahrweg des Einzelnen. Wer dennoch nicht nahe seines Arbeitsplatzes wohnen kann oder will, muss dafür künftig auf Bequemlichkeiten verzichten.
Quelle: ntv.de