Politik

Flucht über Belarus Polen verlängert Ausnahmezustand an Grenze

An Polens Grenze zu Belarus sorgen Einsatzkräfte dafür, dass Flüchtlinge nicht passieren können.

An Polens Grenze zu Belarus sorgen Einsatzkräfte dafür, dass Flüchtlinge nicht passieren können.

(Foto: imago images/SNA)

Belarus schleust weiter Migranten in die EU. Polen setzt inzwischen mehr als 2000 Soldaten ein. In den vergangenen zwei Monaten registrieren die dortigen Behörden mehr als 10.000 Versuche, die Grenze zu überqueren. Einige schaffen es bis nach Deutschland.

Angesichts eines anhaltenden Zustroms von Migranten hat das polnische Parlament den Ausnahmezustand an der Grenze zum Nachbarn Belarus um zwei Monate bis Ende November verlängert. Die Abgeordneten des Sejms stimmten damit zum zweiten Mal einer Verlängerung um 60 Tage zu. Zuvor hatte Präsident Andrzej Duda einen entsprechenden Antrag gestellt. Inzwischen meldet die Bundespolizeidirektion Berlin, dass die Zahl der illegalen Grenzübertritte entlang der deutsch-polnischen Grenze nach Brandenburg in den vergangenen beiden Monaten stark zugenommen habe.

Die Führung um den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko warf dem Nachbarland "Desinformation" vor. Der Grenzschutz in Minsk behauptete, in Polen seien Schleuserbanden im Einsatz, weshalb dort auch der Zugang zur Grenze gesperrt sei. Dazu veröffentlichte die Behörde Videos. Während der Debatte im Sejm berichtete Pawel Soloch, Chef des Nationalen Sicherheitsbüros, dass allein im September fast 7000 Migranten versucht hätten, die Grenze in diesem Bereich illegal zu überqueren. Im September des Vorjahres seien es rund 120 gewesen.

Mit seiner Entscheidung zur Verlängerung des Ausnahmezustands soll dem "vom belarussischen Regime orchestrierten Druck zur Destabilisierung der EU" entgegengewirkt werden, heißt es in einem Tweet des Sejms. Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak teilte mit, der Grenzschutz werde von 2400 Soldaten unterstützt.

Allein seit August hat es nach Behördenangaben mehr als 10.000 Versuche eines illegalen Grenzübertritts gegeben. 1500 Migranten seien gefasst und in Flüchtlingszentren gebracht worden, hieß es. Die Regierung in Warschau beschuldigt Lukaschenko, in organisierter Weise Flüchtlinge aus Krisenregionen wie Afghanistan, Syrien und dem Irak an die EU-Außengrenze zu bringen.

Lukaschenko lässt Migranten passieren

Die Behörden in Belarus werfen dem Westen vor, in den Regionen Chaos gestiftet zu haben, weshalb sich die Menschen nun ein besseres Leben suchten. Lukaschenko hatte Ende Mai angekündigt, dass Belarus Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern werde - als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik.

Hilfsorganisationen haben den Verdacht, dass Polens Grenzschutz das Gros der Migranten wieder nach Belarus zurückschickt. Das lässt sich wegen des Ausnahmezustands an der Grenze kaum überprüfen, da Journalisten und Helfer nicht in das Gebiet fahren dürfen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson forderte den polnischen Innenminister Mariusz Kaminski eigenen Angaben zufolge bei einem Treffen in Warschau dazu auf, Journalisten in dem Grenzbereich zuzulassen. Das belarussische Vorgehen verlange eine entschiedene Antwort der EU.

Ein Sprecher der Brüsseler Behörde sagte, Johansson habe auch ihre Sorge darüber zum Ausdruck gebracht, dass es Berichte über möglicherweise illegale Zurückweisungen von Migranten (Pushbacks) durch die polnischen Beamten gebe. Der Grenzschutz in Belarus beklagte, dass Menschen auf brutale Weise von den polnischen Behörden abgeschoben würden. "Sie werden einfach ohne Bewusstsein auf belarussischem Gebiet abgelegt", teilte die Behörde mit. Eine unabhängige Überprüfung dieser Vorwürfe ist nicht möglich.

Schleuser in Brandenburg gefasst

Der Chef des belarussischen Staatssicherheitsrates, Alexander Wolfowitsch, sagte, Menschen aus vielen Ländern könnten ohne Visum auf dem Flughafen in Minsk einreisen. "Viele von ihnen verhehlen nicht, dass ihr Endziel die entwickelten Länder Europas sind", sagte er der Staatsagentur Belta zufolge. Vor allem Deutschland, Frankreich und Großbritannien seien für die Migranten interessant.

Laut Bundespolizeidirektion Berlin hat es im August 225 und im September 1305 illegal Eingereiste gegeben. Die Menschen stammten vorrangig aus dem Irak sowie aus Syrien, dem Iran und dem Jemen. Seit Jahresbeginn bis Ende September seien insgesamt 1556 unerlaubt eingereiste Personen festgestellt worden, die über Belarus beziehungsweise aus Litauen oder Polen eingereist seien.

Am gestrigen Donnerstag seien in der Nähe von Frankfurt (Oder) 40 Menschen ungesichert auf der Ladefläche eines Kleintransporters entdeckt worden. Gegen einen 43 Jahre alten mutmaßlichen Schleuser aus der Ukraine sei von einem Richter Untersuchungshaft angeordnet worden. Ebenfalls am Donnerstag entdeckten Bundespolizisten nach dem Hinweis eines Bürgers an der Bundesstraße 87 in Ragow 41 Menschen, darunter eine Frau und zwei Kinder. Der mutmaßliche Schleuser, ein 49-Jähriger aus Belarus, sei festgenommen und ebenfalls in Untersuchungshaft genommen worden, teilte die Bundespolizei mit.

Quelle: ntv.de, lve/jwu/dpa

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