Politik

Klare Botschaft an Putin Prorussische Kämpfer erheben schwere Vorwürfe

Dass sich russische Soldaten öffentlich über Missstände in der eigenen Armee beschweren, kommt äußerst selten vor. Nun erhebt aber eine Gruppe prorussischer Kämpfer aus dem Separatistengebiet Donezk in einem Video schwere Vorwürfe gegen die Militärbehörden der "Volksrepublik".

Eine Gruppe von Soldaten der sogenannten Volksrepublik Donezk hat sich in einem Video an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewendet und den Behörden des Separatistengebiets schwere Vorwürfe gemacht. Die Botschaft wurde in einem Telegram-Kanal veröffentlicht, der zwar eindeutig prorussisch ist, sich aber gegen die in den Separatistengebieten offenbar gängige Zwangsrekrutierung einsetzt.

Die Männer kämpften nach eigenen Worten praktisch seit Beginn der "speziellen Militäroperation" direkt an der Front in der Region Cherson in der Südukraine, obwohl sich in ihrer Kompanie zahlreiche Personen befunden hätten, "die nach den Gesetzen der Volksrepublik nicht mobilisiert werden durften." Das Mobilisierungsverfahren sei ohne medizinische Untersuchung durchgeführt worden. Die Männer klagen zudem über Hunger, Kälte und fehlende Lebensmittel- und Medikamentenversorgung während der Kämpfe an der Front.

Einige der Soldaten der Kompanie seien psychisch krank, die anderen litten an chronischen Krankheiten, unterstreicht der Redner. Auch kinderreiche Familienväter seien unrechtmäßig mobilisiert und zum Kämpfen an der Kontaktlinie gezwungen worden. "Es stellen sich viele Fragen, die von den übergeordneten Stellen ignoriert werden."

"Was machen unsere Jungs auf dem Gebiet eines anderen Staates?"

Die Soldaten kritisieren die Behörden der sogenannten Volksrepublik scharf und sprechen von der "Gleichgültigkeit des Staatsapparats", die sie dazu zwinge, für ihre Rechte einzutreten. Das Oberhaupt der "Volksrepublik Donezk", Denis Puschilin, habe erklärt, dass die Reserveeinheiten nicht an der Front eingesetzt würden, heißt es weiter. "Wir befinden uns aber seit Beginn der Mobilisierung an der Frontlinie", klagen die Soldaten.

Daraufhin sprechen einzelne Männer von ihren Krankheiten und Lebensumständen, die den Einsatz an der Frontlinie unzulässig machen würden. Einer der Soldaten sei kinderreicher Vater. Seine Frau sei nach einer schweren Operation arbeitsunfähig, sodass er sich um die Kinder kümmern müsse. Ein anderer habe eine psychische Störung und sei selbstmordgefährdet. Der Mann sei am 26. Februar gewaltsam in das Einberufungsbüro gebracht worden. Die Mediziner ließen seine Beschwerden demnach außer Acht. Der Mann leide außerdem an Hypertonie und Hepatitis C. Ein weiterer Mann klagt über Thrombose im Bein. Seit er an der Frontlinie sei, sei die Krankheit fortgeschritten.

Laut den Worten eines der Soldaten ist das Video im Ort Urozhaine in der Oblast Donezk unweit der Grenze zu Saporischschja aufgenommen worden. Der anonyme Verfasser des Telegram-Beitrags schreibt zum Video: "Ich habe eine Frage: Was machen unsere Jungs überhaupt auf dem Gebiet eines anderen Staates? Warum verteidigen sie jetzt nicht die DNR ('Volksrepublik Donezk')?" Weiter fordert er die Behörden auf, "unsere Jungs nach Hause zu bringen und die illegale Mobilisierung zu stoppen".

Auf der Straße aufgegriffen und in den Krieg geschickt

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Die Soldaten im Video nennen ihre Namen und zeigen ihre Gesichter. Das ntv-Verifizierungsteam konnte das Video als echt einstufen und Profile zweier der Männer im russischen sozialen Medium VK.ru ausfindig machen. Beide sind demnach aus Donezk. Einer ist 24, der andere 28 Jahre alt. Das Profil des jüngeren ist privat. Der 28-Jährige ist laut dem Profil "auf aktiver Partnersuche". Auf einem der Fotos posiert der junge Mann vor der Flagge der "Volksrepublik Donezk", auf einem anderen vor einem getunten BMW mit einem Kennzeichen der "Republik". Auf einem Bild von Juni 2021 umarmt er mit einer Hand eine Frau, während er in der anderen eine Maschinenpistole hält.

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine mehren sich in ukrainischen und russischen oppositionellen Medien Berichte über Zwangsrekrutierung in den Separatistengebieten im Osten des Landes. Demnach werden Männer unter anderem in ihren Arbeitsstätten, zu Hause oder auch auf der Straße aufgegriffen und in den Krieg gegen die Ukraine geschickt. Dass Soldaten, die an der russischen Seite kämpfen, sich über die Zustände in der Armee öffentlich beschweren, kommt äußerst selten vor. Der ukrainische Geheimdienst SBU veröffentlicht dagegen regelmäßig abgehörte Telefonate der Russen, die die Missstände in der russischen Armee offenbaren.

Quelle: ntv.de

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