Der Kriegstag im Überblick Putin beschuldigt Ukraine wegen Krim-Brücke - Selenskyj geißelt Raketenangriff auf Saporischschja
09.10.2022, 22:00 Uhr
Putin und sein Ermittler Bastrykin zeigen sich überzeugt, dass die Explosion auf der Krim-Brücke auf das Konto der Ukraine geht.
(Foto: via REUTERS)
Dieser Sonntag ist vor allem der Tag danach: der Tag nach der Explosion auf der Krimbrücke. Putin beschuldigt nun den ukrainischen Geheimdienst. Die Brücke selbst wurde zwar stark beschädigt, doch Bahn- und Autoverkehr sind noch immer möglich. Außerdem schnürt Deutschland ein Winterpaket und ein renommierter Ökonom warnt Putin. Und in Saporischschja schlagen laut Selenskyj russische Raketen in ein Wohngebäude ein.
Putin wirft Ukraine Anschlag auf Brücke vor
Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin gibt es keine Zweifel, wer hinter der Explosion auf der Krim-Brücke steckt, die er 2018 persönlich eingeweiht hatte. Es gebe "keine Zweifel", dass der ukrainische Geheimdienst SBU dafür verantwortlich sei, zitieren ihn russische Medien. "Die Täter, Ausführenden und Auftraggeber sind die ukrainischen Geheimdienste." Und weiter: "Das ist ein Terrorakt, der auf die Zerstörung kritischer ziviler Infrastruktur der Russischen Föderation ausgerichtet war."
Aus der Ukraine kommen dagegen widersprüchliche Äußerungen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagt nichts zur Urheberschaft, sein Berater Mychailo Podoljak verweist mittlerweile auf Russland. "Es ist erwähnenswert, dass der explodierte Lastwagen allen Anzeichen nach von der russischen Seite auf die Brücke fuhr", sagte er der Online-Zeitung "Ukrajinska Prawda". Zuvor klang Podoljak allerdings noch etwas anders. Auf Twitter jubelte er: "Alles Illegale muss zerstört werden, alles Gestohlene muss der Ukraine zurückgegeben werden." Immerhin geht man auch in Russland davon aus, dass einer der Ihren an dem Anschlag beteiligt waren, wie Alexander Bastrykin, Chef der Ermittlungsbehörde, sagte. So sei der Fahrer des explodierten Lastwagens ein Einheimischer gewesen.
Krim-Brücke wieder in Betrieb, Züge fahren angeblich nach Fahrplan
Eine offene Frage ist noch, wie schwer die Krim-Brücke beschädigt wurde. Beim britischen Geheimdienst geht man davon aus, dass die Kapazität in jedem Fall beeinträchtigt sei. Zwei der vier Fahrspuren seien auf einer Länge von 250 Metern eingestürzt. Die anderen beiden Spuren würden aber wahrscheinlich wieder genutzt, hieß es in dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des britischen Verteidigungsministeriums. Was die Russen bestätigten: Der Auto- und Zugverkehr über die Brücke wurde ihnen zufolge wieder aufgenommen. Die Passagier-Fernzüge zwischen Russland und der Krim verkehrten demnach am Sonntag "gemäß dem normalen Fahrplan".
Deutschland hilft Ukraine mit Winterpaket
Unterdessen macht sich die Bundesregierung daran, ein neues Hilfspaket für die ukrainischen Soldaten zu schnüren. Dabei geht es um Ausrüstung für den Winter - Teil des Pakets seien 100.000 warme Unterziehjacken und weitere Winterbekleidung, 100 beheizbare Mannschaftszelte, Hunderte mobile Stromerzeuger und palettenweise Nahrungspakete, meldet der "Spiegel". Kostenpunkt: 11 Millionen Euro. So willkommen die Lieferung sein mag - noch mehr würden sich die Ukrainer über Kampfpanzer aus deutscher Fertigung freuen.
Ökonom warnt vor demografischer Katastrophe
Während die Krimbrücke Schlagzeilen macht, meldet sich ein russischer Ökonom aus Kalifornien zu Wort - mit einer Warnung an Putin. Russland werde über Jahre an den Folgen der Teilmobilisierung leiden, sagt Oleg Itskhoki von der University of California in Los Angeles dem "Spiegel". Eingezogen würden vor allem Männer im Alter zwischen 20 und 35 Jahren. "Das ist eine Generation, die ohnehin schon eher klein ist", sagte der gebürtige Moskauer. Sie umfasse wegen des Einbruchs der Geburten Anfang der Neunzigerjahre schon jetzt nur halb so viele Männer wie die nächsthöhere Alterskohorte. Er fürchtet eine "demographische Katastrophe". Auch weil er davon ausgeht, dass 60 bis 70 Prozent der jetzt eingezogenen Soldaten im Einsatz sterben oder verwundet werden.
Zwölf Tote bei russischem Angriff in Saporischschja
Unterdessen tobt der Krieg weiter. Bei einem nächtlichen russischen Raketenangriff auf Saporischschja sterben 12 Menschen, 49 werden verletzt, darunter 6 Kinder. Präsident Selenskyj veröffentlichte dazu in seinem Telegram-Kanal Bilder schwer zerstörter Hochhäuser. Er sprach vom "absoluten Bösen". Die "Terroristen" würden vom Befehlsgeber bis zum Täter zur Verantwortung gezogen. Nach ukrainischen Militärangaben sollen die russischen Truppen mindestens zwölf Raketen auf die Wohngebäude abgefeuert haben. Eine Bestätigung von russischer Seite gibt es dafür nicht.
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Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP