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"Tag des Siegs" in Moskau Putin sieht Russland im "Kampf gegen Neonazis"

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Putin behauptete erneut, Russland würde nur den Donbass "verteidigen" - eine Lüge.

Putin behauptete erneut, Russland würde nur den Donbass "verteidigen" - eine Lüge.

(Foto: IMAGO/SNA)

Eine förmliche Kriegserklärung gibt es zum 9. Mai in Moskau nicht, auch verkündet Putin keinen Sieg im Krieg gegen die Ukraine und formuliert keine konkreten Kriegsziele. Stattdessen wiederholt er alte Vorwürfe und stimmt die Russen auf weitere Opfer ein.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einer Rede zum "Tag des Siegs" in Moskau eine Parallele zwischen der Verteidigung der Sowjetunion gegen Nazi-Deutschland und der russischen Invasion in die Ukraine gezogen. "Die Kämpfer des Donbass kämpfen heute zusammen mit der russischen Armee auf ihrem Land", wo bereits "die Helden des Großen Vaterländischen Kriegs" gekämpft hätten, sagte Putin in einer Rede auf dem Roten Platz. Zuvor hatte er auf der Tribüne Weltkriegsveteranen begrüßt.

Mit den "Kämpfern des Donbass" sind die Milizen der sogenannten "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk gemeint, die Russland zum Auftakt der Invasion in die Ukraine anerkannt hatte. Anders als zuvor spekuliert worden war, verkündete Putin weder einen Sieg im Kampf gegen die Ukraine noch rief er eine Generalmobilmachung aus. Konkrete Kriegsziele nannte er nicht.

Putin sprach auch weiterhin nicht vom "Krieg" gegen die Ukraine, sondern behauptete, die russischen Truppen würden den Donbass "verteidigen". Seine Rechtfertigung der Invasion - die weit über den Donbass hinausgeht - folgte grundsätzlich der Linie seiner nächtlichen TV-Ansprache vom 24. Februar, als er der Ukraine faktisch den Krieg erklärt hatte. Allerdings fehlte in der Rede die Behauptung, es gehe um eine "Entnazifizierung" der Ukraine. Seinen Vorwurf, im Donbass werde ein "Genozid" an Russen verübt, wiederholte Putin ebenfalls nicht. Dennoch setzte er die Ukraine, wie in der russischen Propaganda üblich, mehrfach mit "Nazismus" gleich, ohne jedoch auch nur einmal "Ukraine" zu sagen. Er betonte auch, ein Vermächtnis des Sieges über den Nationalsozialismus sei, dass sich "das Grauen eines globalen Krieges" nicht wiederholen dürfe. Am 24. Februar hatte Putin dem Westen noch mit "Folgen" gedroht, "wie Sie sie in Ihrer Geschichte noch nicht erlebt haben" - eine unverhohlene Drohung mit Nuklearwaffen.

Für Putin ist die NATO an allem schuld

Putin unterbrach seine Rede für eine Schweigeminute für "die Helden des Donbass", die "im barbarischen Beschuss der Neonazis gefallen" seien. Für die Hinterbliebenen kündigte er besondere finanzielle Unterstützung an. Das implizite Eingeständnis, dass es in diesem nicht erklärten Angriffskrieg auch viele russische Tote gibt, kann als Hinweis an die Bevölkerung interpretiert werden, sich auf weitere Opfer einzustellen. Offiziell spricht Russland von bislang 1351 getöteten Soldaten. Die tatsächliche Zahl dürfte weit höher liegen.

Die Schuld am Krieg gab Putin erneut der NATO und den USA sowie der Regierung in Kiew, die er zum wiederholten Male als willfährige Lakaien des Westens darstellte. Er sagte, Russland habe der NATO im Dezember ein Angebot gemacht, um Konflikte auszuräumen. Dies sei jedoch abgelehnt worden: "Die NATO-Länder wollten uns nicht hören", sie hätten "ganz andere Pläne" gehabt.

Russland hatte den USA im Dezember zwei Vertragsentwürfe überreicht, in denen es einen Verzicht auf eine Ausdehnung der NATO in Richtung Osten forderte, was nicht nur die Ukraine, sondern auch Schweden und Finnland einschloss. Zudem verlangte Moskau einen Rückzug der militärisch-technischen Infrastruktur der NATO auf den Stand von 1997 - also den kompletten Abzug aus Osteuropa, auch aus dem Baltikum. Nach Ansicht westlicher Beobachter ging es letztlich darum, Europa in "eine russische und eine amerikanische Einflusszone" aufzuteilen und die Geschichte auf die Zeit vor der ersten NATO-Osterweiterung zurückzudrehen.

"Erstschlag war einzig richtige Lösung"

Putin behauptete weiter, es habe im Westen Vorbereitungen zu einer Invasion in den Donbass und die von Russland annektierte Krim gegeben. Er wiederholte den Vorwurf, die ukrainische Regierung habe Atomwaffen angestrebt. Für Russland sei der "Kampf gegen die Neonazis" unausweichlich gewesen, Russland habe die Aggression "präventiv" zurückgeschlagen. "Die Gefahr stieg von Tag zu Tag, Russland hat einen Erstschlag gegen die Aggression gemacht, das war notwendig, rechtzeitig und die einzig richtige Lösung", verkündete er.

Den USA warf Putin in bekannter Manier vor, die ganze Welt "erniedrigen" zu wollen. Russland widersetze sich dem, weil es "einen anderen Charakter" habe. "Wir werden niemals die Liebe zum Mutterland, den Glauben und die traditionellen Werte, die Bräuche unserer Vorfahren, den Respekt vor allen Völkern und Kulturen aufgeben", so Putin. Im Westen dagegen würden diese "jahrtausendealten Werte" nicht mehr gelten, ohnehin leide der Westen unter "moralischer Degradation" und "Russophobie".

Während im Westen der 8. Mai als Ende des Zweiten Weltkriegs begangen wird, feiert Russland den "Tag des Sieges" am 9. Mai, weil die Urkunde, mit der Nazi-Deutschland die bedingungslose Kapitulation ratifizierte, am 9. Mai 1945 nach 0 Uhr unterschrieben wurde. Aus einem Feiertag, der vorwiegend dem Gedenken an die Toten des Kriegs gewidmet war, wurde unter Putin ein Tag der Waffenschau.

Quelle: ntv.de

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