Politik

Lob für USA, Angebote an EU Putin überrascht in St. Petersburg

Wladimir Putin empfing in St. Petersburg zahlreiche internationale Gäste.

Wladimir Putin empfing in St. Petersburg zahlreiche internationale Gäste.

(Foto: dpa)

Wird Wladimir Putin plötzlich "zahm"? Mancher liest so etwas in seinen zurückhaltenden Äußerungen der vergangenen Tage. Der Hintergrund liegt bei einem Blick auf den Brüsseler Terminplan auf der Hand.

Spätestens nach dem Ausschluss aller russischen Leichtathleten von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro hätte man von Wladimir Putin einen Ausbruch erwartet. Eine Wutrede, ein gepfeffertes Statement, irgendeine erboste Reaktion. Stattdessen sagte der russische Staatschef nur, die Suspendierung sei "unfair". Dann kündigte er "weitere Anstrengungen" im Kampf gegen Doping an.

Tags zuvor hatte Putin in andere Richtung ungewohnte Töne angeschlagen. Die USA seien die letzte verbliebene Supermacht in der Welt. Deshalb wolle Russland mit den USA zusammenarbeiten. Der EU bot Putin an, Russland könne seine Lebensmittel-Sanktionen gegen die Staatengemeinschaft aufheben, die es 2014 im Gegenzug für die umfassenderen EU-Sanktionen erhoben hatte.

All diese Äußerungen bedeuten allerdings keinen grundsätzlichen Sinneswandel beim russischen Präsidenten. Seine Appelle, die beiderseitigen Sanktionen schadeten auch beiden Seiten, sind nicht neu. Zudem will die EU ab diesem Dienstag darüber beraten, ob die Sanktionen verlängert werden sollen. Es deutet viel darauf hin, dass das passieren wird.

Passend dazu fand in St. Petersburg das Internationale Wirtschaftsforum statt. Im Mittelpunkt standen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union - beide Seiten leiden unter den Sanktionen, die politisch begründet sind.

Schräge Offerte an die EU

Es war das erste Mal seit Verhängung der Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland, dass wieder Vertreter der EU beim wichtigsten Treffen dieser Art teilnahmen. Neben der russischen Wirtschaftselite kamen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und IT-Kommissar Günther Oettinger. Vertreter deutscher Konzerne waren ebenso vertreten wie der frühere Bundeskanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder und Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi.

Beobachter gehen trotzdem nicht davon aus, dass Russland auf Milde hoffen kann. Beim EU-Gipfel im Sommer 2015 hatten die Staats- und Regierungschefs beschlossen, dass zuvor erst alle Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes zum Ukraine-Konflikt erfüllt sein müssen. Putin gab sich dennoch kooperativ mit seinem Angebot, die Sanktionen gegen die EU fallenzulassen. "Wir sind nicht nachtragend", begründete er das.

Seinen Vorschlag knüpfte Putin an Fortschritte bei einer Friedenslösung in der Ukraine. Hier sehen allerdings die meisten EU-Vertreter zuerst Russland in der Pflicht, weshalb die Offerte als etwas schräg wahrgenommen wurde. Putin dagegen meinte, sein Land müsse erst einmal sicher sein, dass es von der EU "nicht reingelegt" würde. Denn Europa müsse Druck auf Kiew ausüben, ebenfalls die Minsker Vereinbarungen zu erfüllen.

Der CDU-Europaexperte Elmar Brok kanzelte Putins Vorschlag sogleich ab. Für ihn stehe die anstehende Verlängerung der Strafmaßnahmen der EU für weitere sechs Monate "außer Frage", sagte Brok der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte jüngst wissen lassen, dass es mangels substanzieller Fortschritte in dem politischen Prozess derzeit keine Grundlage gebe, vom bisherigen Kurs abzuweichen. Auch die östlichen EU-Länder setzen sich in der Union vehement für diese Linie ein.

Steinmeier düpiert EU-Hardliner

Am Samstag sprang dann aber der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier indirekt für Putin in die Bresche. Steinmeier kritisierte die Nato für ihre Manöver in Osteuropa, die er als "Säbelrasseln" bezeichnete. "Wir sind gut beraten, keine Vorwände für eine neue, alte Konfrontation frei Haus zu liefern", sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag". Man habe ein Interesse daran, so Steinmeier, "Russland in eine internationale Verantwortungspartnerschaft einzubinden".

Solche Töne aus der SPD sind nicht neu. Schon seit einiger Zeit werben SPD-Politiker dafür, Russland auch Anreize zu geben, den Ukraine-Konflikt beizulegen - in Form von Sanktionslockerungen. Damit sprechen sie Wirtschaftsvertretern nicht nur aus Deutschland aus der Seele. Der italienische Premier Renzi machte in St. Petersburg mit Putin gleich Nägel mit Köpfen - beide unterzeichneten Verträge über mehr als eine Milliarde Euro. Putin konnte sich über die Schützenhilfe nur freuen, so gut passten die Äußerungen Steinmeiers zu seinen Plänen. Die, so glauben viele Beobachter, gehen eher in Richtung einer Spaltung der EU. Das Echo aus Brüssel und Berlin auf Steinmeier fiel dementsprechend entsetzt bis wütend aus.

Quelle: ntv.de

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