Innenminister Strobl unter Druck Referent organisierte Flucht vor dem IS
28.05.2017, 18:06 Uhr
Eine Rettungsaktion, an der auch der Mitarbeiter des Innenministeriums beteiligt war, ging schief.
(Foto: AP)
Weil ein Mitarbeiter des Innenministeriums in Baden-Württemberg Menschen bei der Flucht aus IS-Gebieten geholfen hat, sieht der Landtag Klärungsbedarf. Die Frage ist: Hat der Mann dienstliche Informationen für sein privates Engagement missbraucht?
Darf ein Mitarbeiter im Staatsdienst mit Zugang zu sensiblen Informationen in seiner Freizeit als Fluchthelfer aktiv werden? Diese Frage beschäftigt derzeit den Stuttgarter Landtag. Ein Referent beim baden-württembergischen Innenministerium steht in der Kritik, weil er ehrenamtlich Menschen bei der Flucht aus Gebieten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geholfen hat. Die oppositionelle FDP-Fraktion sieht deshalb Aufklärungsbedarf.
Ihr rechtspolitischer Sprecher Nico Weinmann forderte Informationen darüber, inwieweit und wann das Ministerium über die Aktivitäten des Mannes informiert war. "Es ist nicht sinnvoll, dass der Mitarbeiter interne Kenntnisse, die er in seiner Aufgabe im Ministerium erlangt hat, für andere Zwecke verwendet haben könnte", sagte Weinmann dem "SWR". Der Sender zitiert zudem einen hochrangigen deutschen Sicherheitsexperten, der von einem "Skandal" spricht. Denn durch sein Engagement könne der Mitarbeiter Menschen in Gefahr bringen - vor allem, wenn er ohne genügend praktische Erfahrung handele.
Der Mann arbeitet als wissenschaftlicher Referent unter Innenminister Thomas Strobl für Präventionsprojekte gegen islamistischen Extremismus. Das Ministerium sieht in seinen Aktivitäten allerdings kein Problem. "Die ehrenamtliche Tätigkeit des Mitarbeiters hat keinen Bezug zu seiner dienstlichen Tätigkeit", sagte der Sprecher von Strobl auf Anfrage. Der Staatssekretär im Innenministerium, Martin Jäger, sei vorab über die Tätigkeiten informiert worden. Jäger ist Vorsitzender des Lenkungsausschusses des Kompetenzzentrums, für das der Mitarbeiter arbeitet.
Rettungsaktion ging schief
Wie der "Spiegel" berichtete, soll der Referent etwa bei der Fluchthilfe für Laura H., eine niederländische Konvertitin aus der IS-Hochburg Mossul im Norden Iraks, eine tragende Rolle gespielt haben. Er soll eine Rettungsaktion organisiert haben, die jedoch schief ging. Laura H. und ihre Familie gerieten laut "Spiegel" in einen Schusswechsel zwischen Peschmerga-Milizen und IS-Kämpfern. Der Mann von Laura H. wurde dabei offenbar schwer verletzt. Laura H. hingegen konnte sich retten.
Zu diesem Vorfall waren aus dem Stuttgarter Innenministerium zunächst keine Informationen zu erhalten. Der wissenschaftliche Referent sagte dem SWR am Wochenende, dass er schon mehrmals ausländische Familien beraten habe, deren Angehörige beim IS waren. Dies sei immer ehrenamtlich geschehen, außerhalb seines Jobs beim Ministerium. Er hatte nach eigenen Angaben im Fall Laura H. auch Kontakt zu privaten Sicherheitsleuten im Irak hergestellt, die er selbst nicht kannte.
Quelle: ntv.de, jug/dpa