Politik

Corona-Talk mit Robert Habeck Regierung mit Grünen? Spahn findet's "likely"

Spahn findet Habeck "sympathisch".

Spahn findet Habeck "sympathisch".

(Foto: picture alliance/dpa)

Eine Diskussion zwischen Bundesgesundheitsminister Spahn und Grünen-Co-Chef Habeck über die Gesellschaft in der Corona-Krise zeigt, wie schwer sich beide Parteien damit tun, in der Pandemie Grundsatzkritik aneinander zu üben. Doch nur einer der beiden ist auf Distanz bedacht.

Die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung im Pandemiewinter sind auch für Spitzenpolitiker eingeschränkt. Gesundheitsminister Jens Spahn und Grünen-Co-Chef Robert Habeck schauen deshalb womöglich selbst zurzeit etwas mehr Netflix als sonst, und weil es so schön für den Beruf trainiert, gerne in der englischen Originalversion. Das würde zumindest erklären, warum beide in einer deutschen Radiodebatte englische Redewendungen und Wörter einflechten wie "you wish", "so be it" oder "likely". "Wahrscheinlich" heißt das letzte Wort auf Deutsch, und man darf annehmen, dass Spahn es auf Deutsch so nicht gesagt hätte. "Stand heute ist es schon likely", sagt Jens Spahn auf Nachfrage über ein Regierungsbündnis seiner CDU mit den Grünen im Bund. Spahns nachfolgende Abgrenzung zu den Grünen, dem einstigen Lieblingsgegner der Union, beschränkt sich auf die Feststellung, dass Wahlkämpfe am besten ohne Koalitionsaussage geführt werden.

Eine Stunde sprechen Spahn und Habeck im "Politiktalk aus der Hauptstadt", einem Format des RBB-Radios und der "Süddeutschen Zeitung", über die Auswirkungen der Corona-Krise auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wegen der überschaubaren Differenzen das Fazit vorweg: Spahn betont den großen Zuspruch der meisten Menschen zu den Pandemie-Maßnahmen, erklärt Kritik daran aber für grundsätzlich willkommen.

Habeck ermuntert seinerseits die Bundesregierung zu deutlich mehr Selbstkritik, mag aber weder die hohe Zustimmung der Bevölkerung noch die schwierige Entscheidungsgrundlage der meisten Maßnahmen bestreiten. Dass die Menschen die Lockdown-light-Regeln der vergangenen Wochen nicht umfänglich befolgt hätten, sei "erstmal Schuld derjenigen, die die Regeln nicht hinbekommen haben", lautet Habecks schärfste Kritik. Der Grünen-Chef wirkt vor allem bemüht, Spahns Umarmungsversuchen auszuweichen. Es wurden schon ältere und größere Parteien als die Grünen von der Union in die Bedeutungslosigkeit gekuschelt.

Da ist kein Graben

Beide Politiker werden als Kanzlerkandidaten ihrer Parteien gehandelt. Weil niemand mit Sicherheit sagen kann, wie die erste Bundestagswahl ohne einen amtierenden Bundeskanzler als Spitzenkandidaten ausgehen wird, ist in den Umfragen noch viel Bewegung möglich. Dass ein Minister Spahn mal in einem Kabinett von Kanzler Habeck dient, ist nicht völlig abwegig. Andersherum ist es aber momentan mehr "likely". Beides braucht nicht viel Fantasie, so tief sind die Gräben im persönlichen Umgang nicht. Weder Habeck noch Spahn tun so, als würden sie sich nach einem gemeinsamen Fernsehauftritt wegen unterschiedlicher Ansichten kein Taxi teilen wollen. Man(n) duzt einander.

Vor allem Spahn meint es gut mit seinem Gegenüber: Als der Minister etwas nettes über Habeck sagen soll, fällt ihm als Erstes ein, dass der Grünen-Politiker ihm "sympathisch" sei und sie gut miteinander reden könnten. Die große Einigkeit der Grünen unter der Führung von Annalena Baerbock und Habeck nennt er, diesmal ungefragt, "bemerkenswert". Spahn lässt zudem ganz ohne Wertung in die Debatte einfließen, dass er die Vorschläge der Grünen für ein bundeseinheitliches Corona-Maßnahmenpaket kennt, das je nach regionalem Inzidenzwert die gleichen Regeln vorschreibt. Zu Beginn der Debatte bekundet Spahn zudem sein Verständnis, dass auch die Rolle eines Oppositionspolitikers in der Pandemie schwierig ist.

"You wish"

Robert Habeck dagegen macht klar: Er will auch nicht an einsamen Abenden in der Hauptstadt, weit weg vom heimischen Flensburg, einen Unionspolitiker als Knuffelkontakt haben. "Ein Amt verändert einen Menschen, und das merkt man bei Jens", sagt Habeck, der früher offenbar wenig hat anfangen können mit dem Jungstar der Union, auf die Frage nach Spahns Stärken. Die Gelegenheit, etwas wirklich nettes über sein Gegenüber zu sagen, lässt Habeck verstreichen. Er hätte an diesem Punkt des Talks lieber weiter über Sachthemen geredet.

Stattdessen nimmt Habeck kurz darauf Spahns Formulierung aufs Korn, wonach die CDU wieder lernen müsse, ohne Merkel zu laufen - so wie es Merkel einst für die Zeit nach Kohl gefordert hatte: "Das letzte Mal, als die CDU laufen gelernt hat, hat sie das Kanzleramt verloren, und so wird es wieder kommen." Habeck will unbedingt Herausforderer auf Augenhöhe sein. Spahn sagt dazu nur: "You wish.", was sich übersetzen ließe mit "Das hättest du gern". Das allerdings hätte Spahn auch auf Deutsch sagen können.

Quelle: ntv.de

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