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Konkurrenz über Bande schwächen Republikaner nutzen liberale Drittkandidaten gegen Harris

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Der Philosoph Cornel West könnte unter anderem aus dem Pro-Palästina-Lager Stimmen gewinnen.

Der Philosoph Cornel West könnte unter anderem aus dem Pro-Palästina-Lager Stimmen gewinnen.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Kandidaten dritter Parteien haben bei den US-Präsidentschaftswahlen grundsätzlich kaum Chancen auf einen Sieg. Doch sie können dem einen oder anderen Kandidaten schaden. Die Republikaner versuchen, das jetzt auszunutzen.

Italo Medelius leitete im Frühjahr eine Kampagne, um den US-Präsidentschaftsbewerber Cornel West bei der Wahl im November auf die Stimmzettel im Bundesstaat North Carolina zu bringen. Da erhielt er einen unerwarteten Anruf von einem Mann, der sich Paul nannte und sagte, dass er ihm helfen wolle.

Der Vorgang ist kein Einzelfall. In verschiedenen Teilen des Landes versucht ein Netzwerk von republikanischen Funktionären, Anwälten und anderen Verbündeten, die Wahl zugunsten von Ex-Präsident Donald Trump zu beeinflussen, indem sie Bewerber dritter Parteien stützen - Leute wie den Theologen und Philosophen West, die liberale Wähler anziehen und damit der demokratischen Spitzenkandidatin Kamala Harris Stimmen wegnehmen könnten. Es ist nicht klar, wer diese Bemühungen finanziert. Aber sie könnten sich in Bundesstaaten auszahlen, die der Demokrat Joe Biden 2020 nur äußerst knapp gewonnen hat.

West mit seiner kleinen Partei Gerechtigkeit für Alle, deren Co-Vorsitzender Medelius ist, mangelt es an Wahlkampfgeldern, und er hat die Bestrebungen, ihn zu fördern, willkommen geheißen, ja sogar dazu ermuntert. Im August sagte der Intellektuelle, dass amerikanische Politik eine "höchst gangsterähnliche Aktivität" sei und er "schlicht auf diesen Wahlzettel kommen wollte".

Trump freut sich über Drittkandidaten

Trump hat West als einen seiner Lieblingskandidaten bezeichnet. Eine andere ist Jill Stein von der Grünen Partei. Trump befürwortet beide Kandidaten aus demselben Grund: Er kann erwarten, dass sie nur am demokratischen Stimmenpotenzial zehren. "Sie nimmt (zu) 100 Prozent von ihnen. Er nimmt 100 Prozent."

Demokraten wiederum erkunden Wege, Randall Terry zu fördern, einen Präsidentschaftskandidaten der Verfassungspartei und starken Abtreibungsgegner, der vielleicht Trump Stimmen kosten könnte. Aber die Bestrebungen der Republikaner scheinen weitreichender zu sein. Während Trump seit Jahren Demokraten beschuldigt, Wahlen zu manipulieren, betreiben seine Verbündeten in diesem Wahlkampf eine verbreitete und manchmal irreführende Kampagne, um die Waagschale zu Trumps Gunsten zu neigen.

Versuche beider großen Parteien, "Spielverderber-Kandidaten" dritter Parteien, um des eigenen Sieges willen finanziell oder anderweitig zu unterstützen, seien ein "bedauerliches Nebenprodukt" der gegenwärtigen Wahlgesetze, "die Spielverderber begünstigen", sagt Rechtsprofessor Edward B. Foley von der Ohio State University, der auf das Thema Wahlgesetze spezialisiert ist.

"Geisterkandidaten" bei Wahlen

Eine Schlüsselfigur beim Versuch, Trump zu helfen, ist Paul Hamrick, der Anrufer bei Medelius in North Carolina. Er ist Rechtsberater der gemeinnützigen Organisation Leute über Partei, die sich bemüht hat, West außer in North Carolina auch auf die Wahlzettel in Arizona, Maine, Minnesota, Pennsylvania und Virginia zu bringen. Um sich in einem Bundesstaat zur Wahl stellen zu können, muss ein Präsidentschaftsbewerber bestimmte, manchmal sehr komplizierte Voraussetzungen erfüllen.

In einem Interview lehnte Hamrick es ab, zu sagen, wer neben ihm die Bemühungen orchestriert hat, und er wollte auch nicht sagen, woher die Finanzen kommen. Er beharrt darauf, dass er kein Republikaner ist, hat sich aber laut Wahlunterlagen der politischen Datenfirma L2 in den Jahren 2002, 2006 und 2010 an republikanischen Vorwahlen in Alabama beteiligt und Bundesstatistiken zufolge seit 2015 nur republikanische Anliegen oder Personen mit Spenden unterstützt. Und er war jahrelang ein Berater von Matrix LLC, einer Firma in Alabama, die an Bemühungen in Florida beteiligt war, "Geisterkandidaten" gegen gewählte Offizielle aufzustellen, die sich den Zorn von Topmanagern der größten Stromgesellschaft des Bundesstaates zugezogen hatten.

Hamrick war stark in das Manöver involviert. Ein von ihm geschaffenes Unternehmen zahlte in einem Fall einem "Spielverderber-Kandidaten" ein Salär von 60.000 Dollar und mietete für ihn ein Haus für monatlich 2300 Dollar, wie aus Berichten des "Miami Herald" und aus Geschäftsunterlagen hervorgeht. Hamrick sagt, dass der Kandidat für ihn gearbeitet und keinerlei Zusammenhang mit der Wahlkampagne des Mannes bestanden habe.

Dubiose Vorgänge in Arizona

Jetzt spielt Hamrick eine prominente Rolle dabei, Wests Name in potenziell wahlentscheidenden US-Staaten auf den Stimmzettel zu bringen. Er tauchte vor rund zwei Wochen in Arizona auf, nachdem eine Frau gesagt hatte, dass ein gefälschtes Papier in ihrem Namen bei Arizonas Secretary of State - was in US-Bundesstaaten einem oft auch für Wahlabläufe zuständigem Innenminister entspricht - eingereicht worden sei. Dem Dokument zufolge soll sie sich bereit erklärt haben, im Electoral College, dem letztendlich wahlentscheidenden Gremium von Wahlleuten aus den einzelnen Bundesstaaten, als Wahlfrau für West zu dienen. Nach ihren Angaben trifft das nicht zu.

Nach einem Bericht über den Vorfall sagte Hamrick, dass er mit dem Ehemann der Frau gesprochen habe, um die Situation zu bereinigen und "einige Informationen" gegeben habe - welche, sagte er nicht. Interviews und Mailbox-Nachrichten zufolge hat er auch versucht, ein Mitglied des Wahlleutegremiums umzustimmen, das sich ursprünglich West verpflichtet hatte, es sich dann aber anders überlegte. Zudem schalteten sich ein prominenter republikanischer Anwalt und eine ehemalige staatliche republikanische Abgeordnete mit persönlichen Hausbesuchen in beiden Fällen in die Bemühungen ein, West-Wahlleute zu gewinnen. Der Kandidat qualifizierte sich am Ende aber nicht für einen Platz auf dem Wahlzettel in Arizona.

Medelius, der Co-Vorsitzende von Wests Partei, verglich die Versuche, Drittkandidaten sozusagen als Waffe einzusetzen, mit einem "Krieg zwischen Gangs". "Wenn sie uns als Kanonenfutter benutzen wollen", sagte er, "dann kann ich nicht viel dagegen tun".

Quelle: ntv.de, Brian Slodysko und Dan Merica, AP

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