Politik

Dauerangriff auf Frontstadt Russen "schießen mit allem" auf Awdijiwka

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Dunkler Rauch über Awdijiwka. Die russischen Streitkräfte wollen die bisher freie ukrainische Stadt einkesseln.

Dunkler Rauch über Awdijiwka. Die russischen Streitkräfte wollen die bisher freie ukrainische Stadt einkesseln.

(Foto: REUTERS)

Von einst 30.000 Einwohnern leben nur noch 1.600 Menschen in Awdijiwka im Osten der Ukraine. Dennoch ist der Ort bereits seit 2014 eine symbolträchtige Festung der Ukrainer, auf die es Russland seit Tagen abgesehen hat. Der Leiter der örtlichen Militärverwaltung spricht von Angriffen bei Tag und Nacht.

Im Osten der Ukraine haben russische Streitkräfte die Frontstadt Awdijiwka vom Boden und aus der Luft angegriffen. Das Präsidialamt in Kiew meldete am heutigen Freitag schwere Kämpfe in der größten Offensive russischer Streitkräfte seit Monaten. Trotz "schwieriger Gefechte" und obwohl Russland seine Truppen erheblich verstärkt habe, behaupten die ukrainischen Streitkräfte aber ihre Stellungen, heißt es vonseiten der Militärverwaltung vor Ort.

"Die Kämpfe dauern jetzt schon seit vier Tagen an. Heftig und wirklich ununterbrochen … Sie schießen mit allem, was ihnen zur Verfügung steht", sagte Vitali Barabasch, der Leiter der Militärverwaltung von Awdijiwka im ukrainischen Fernsehen. "Es war eine sehr heiße Nacht in Awdijiwka. Es gab mehrere Luftangriffe auf die Stadt selbst … die Angriffe hören Tag und Nacht nicht auf."

Der Angriff auf Awdijiwka ist einer der wenigen großen Angriffe Russlands, seit die ukrainischen Streitkräfte Anfang Juni eine Gegenoffensive gestartet haben, um die russischen Truppen zu vertreiben, die große Gebiete im Osten und Süden besetzen. In den vergangenen Monaten konzentrierte sich Russland auf Luftangriffe auf Hafen- und Getreideinfrastruktur sowie darauf, die ukrainischen Streitkräfte zurückzuhalten, die nur langsam durch russische Minenfelder und stark befestigte Schützengräben vorangekommen sind.

Awdijiwka ist Symbol des Widerstands

Awdijiwka ist zu einem Symbol des Widerstands in dem seit Februar 2022 tobenden Krieg geworden. Der Ort liegt unweit der russisch-besetzten Stadt Donezk und damit in einer Region, die Russland eigentlich für sich beansprucht, jedoch bis heute nicht vollständig kontrolliert. Die Stadt hat den russischen Streitkräften nicht nur seit ihrer umfassenden Invasion im Frühjahr 2022 standgehalten, sondern widersetzt sich auch seit 2014 der Eroberung, als von Russland unterstützte Militante Gebiete in der Ostukraine eroberten, nachdem russische Streitkräfte die Krim erobert hatten. Nach monatelanger Belagerung begannen russische Truppen diese Woche mit dem Angriff auf Awdijiwka. Es heißt, Moskau wolle die Stadt nordwestlich der von Russland besetzten Stadt Donezk einkesseln, erobern und ukrainische Truppen von anderen Fronten anziehen.

"Die Russen haben eine Menge Kräfte in diese Richtung geschickt. Sie setzen auf Quantität. Unsere Armee hält Stellungen in heftigen Kämpfen", schrieb Andrij Jermak, der Chef des Präsidialamtes in Kiew, auf X (früher bekannt als Twitter). Weiter schreibt er: "Awdijiwka. Eine ukrainische Stadt. Unser Land".

Das russische Verteidigungsministerium teilte am Vortag mit, seine Streitkräfte hätten den ukrainischen Truppen in Gebieten wie Awdijiwka Schaden zugefügt, nannte jedoch nur wenige Einzelheiten. Russische Militärblogger haben diese Woche die russischen Vorstöße in der Nähe von Awdijiwka begrüßt. Der Generalstab der Streitkräfte der Ukraine wiederum sagte, ihre Truppen hätten in den letzten 24 Stunden mehr als 20 russische Angriffe in der Gegend um Awdijiwka und den umliegenden Dörfern abgewehrt. Barabasch sagte, dass eine Person getötet worden sei. Wahrscheinlich seien auch zwei Zivilisten, die unter Trümmern eingeschlossen wurden, tot. Er sagte, die Lieferung von humanitärer Hilfe und Nahrungsmitteln sei während der heftigen Kämpfe gestoppt worden, die Stadt sei jedoch gut versorgt und habe Reserven für einige Monate. Er schätzte, dass in Awdijiwka, wo vor dem Krieg 32.000 Menschen lebten, noch etwa 1.600 Einwohner vor Ort seien.

ISW: Keine größeren Durchbrüche bei der Frontstadt

Das Institute for the Study of War (ISW) erklärte, dass den russischen Streitkräften bis Donnerstag keine größeren Durchbrüche in der Nähe von Awdijiwka gelungen seien und es unwahrscheinlich sei, dass sie die ukrainischen Streitkräfte in der Stadt sofort abschneiden würden. Es wird geschätzt, dass russische Streitkräfte seit Beginn ihrer Offensive am Dienstag 4,52 Quadratkilometer Territorium um Awdijiwka erobert haben. Geolokalisierte Aufnahmen deuteten darauf hin, dass die russischen Streitkräfte bei der Awdijiwka-Offensive wahrscheinlich mindestens eine taktische Gruppe im Wert von mindestens einem Bataillon an gepanzerten Fahrzeugen verloren hätten, hieß es.

Neben den Angriffen auf die Frontstadt meldeten ukrainische Behörden zudem einen russischen Angriff auf die Stadt Pokrowsk, die ebenfalls in der Region Donezk liegt. Dabei seien ein Mensch getötet und 13 weitere verletzt worden. Nach Angaben der Rettungskräfte wurden zwei Verwaltungsgebäude beschädigt. Drei Menschen seien lebend aus den Trümmern gezogen worden. Das Innenministerium teilte mit, Russland habe nach vorläufigen Erkenntnissen zwei Raketen vom Typ Iskander-M eingesetzt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Russland führt seit fast 20 Monaten einen Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine.

Quelle: ntv.de, ysc/rts

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