Auch Ukrainer berichten Erfolge Russen sollen ganzen Bezirk Cherson kontrollieren
15.03.2022, 12:11 Uhr
Russische Truppen haben nach eigener Aussage die Kontrolle über den kompletten Bezirk Cherson im Süden der Ukraine übernommen. Die gleichnamige Stadt eroberten sie bereits vor Tagen.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Nachdem russische Truppen bereits vor Tagen die Stadt Cherson erobern, sollen sie nun nach eigener Aussage den gesamten Bezirk kontrollieren. Die Ukrainer melden dagegen Erfolge im nahe gelegenen Mykolajiw und in der eingekesselten Stadt Mariupol.
Die russische Armee hat bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach eigenen Angaben das komplette Gebiet Cherson im Süden des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. In dem Gebiet in der Schwarzmeer-Region leben rund eine Million Menschen. Bestätigt wurde die Besetzung von ukrainischer Seite bislang nicht. Allerdings hatte Russland zuvor schon die Kontrolle über die Gebietshauptstadt Cherson übernommen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte gesagt, Russland strebe dort die Bildung einer "Volksrepublik Cherson" an - nach dem Vorbild der von Moskau als unabhängig anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk.
Wie das russische Verteidigungsministerium an diesem Dienstag in seinem täglichen Lagebericht weiter mitteilte, wurden erneut Dutzende militärische Objekte der Ukraine zerstört. In der Nähe der Großstadt Kramatorsk im Gebiet Donezk in der Ostukraine seien drei Hangars für Kampfflugzeuge und -hubschrauber zerstört worden. Zudem seien 16 Luftziele wie Kampfjets vom Typ Suchoi Su-24 und Su-25 sowie 13 Drohnen vernichtet worden.
Russische Fallschirmjäger hoben nach Angaben des Ministeriums in Moskau in der Nähe von Kiew einen Sammelpunkt für Söldner und ukrainische Nationalisten aus. Die russischen Einheiten hätten US-Panzerabwehrlenkwaffen vom Typ Javelin erbeutet und diese den Separatisten in der Ostukraine übergeben. Zu möglichen Toten und Verletzten gab es keine Angaben.
Wichtige Stadt Mykolajiw wehrt Angriff ab
In der an Cherson angrenzenden Region Mykolajiw hat sich laut Gouverneur Vitali Kim die Lage zuletzt etwas beruhigt. Russische Truppen, die die gleichnamige Regionalhauptstadt Mykolajiw einzunehmen versuchten, seien etwas zurückgedrängt worden, sagt Kim in einem Fernsehinterview. Die Hafenstadt werde aber weiterhin beschossen. Allein am Montag seien 80 Menschen verletzt worden, darunter zwei Kinder. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
Der Gouverneur gibt sich kämpferisch: "Sie können zu 99 Prozent sicher sein, dass die Region Mykolajiw den russischen Vorstoß aufhalten wird." Schließlich müssten die russischen Truppen dafür den Fluss Bug überqueren. "Wir werden unsere Brücken nicht den Invasoren überlassen." Mykolajiw liegt östlich von Odessa im Küstengebiet des Schwarzen Meeres.
Auch in der schwer umkämpften Stadt Mariupol vermelden ukrainische Truppen Erfolge. Nach eigenen Angaben sei ein russischer Vorstoß abgewehrt worden. Dabei seien etwa 150 Angreifer getötet sowie zwei Panzer und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden, teilte der ukrainische Generalstab am Dienstagmorgen mit. Mit Artilleriefeuer und Luftangriffen seien zudem weiteres militärisches Gerät zerstört und anrückende Kolonnen des Feindes beschossen worden. Das ultranationalistische Bataillon Asow postete auf seinem Telegram-Kanal Fotos zerstörter russischer Militärfahrzeuge. Auch diese Angaben können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.
Angaben über Verluste gehen weit auseinander
Mariupol am Asowschen Meer wird seit Tagen von Einheiten der russischen Armee und der prorussischen Separatisten belagert. Mehrere Evakuierungsversuche scheiterten bisher. In der symbolisch und strategisch wichtigen Stadt in der Südostukraine harren Hunderttausende Menschen unter katastrophalen Bedingungen aus.
Der ukrainische Generalstab teilte weiter mit, der russische Vormarsch stocke landesweit. Die ukrainischen Angriffe auf Nachschublinien zeigten Wirkung. Seit Kriegsbeginn am 24. Februar seien mehr als 13.500 russische Soldaten getötet worden. Ukrainische Kräfte zerstörten dem Generalstab zufolge zudem mehr als 400 Panzer und rund 1300 gepanzerte Fahrzeuge sowie 81 Kampfflugzeuge und 95 Hubschrauber. Auch diese Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
Der Militärexperte Stijn Mizer weist in seiner kontinuierlich aktualisierten Liste von Verlusten beider Seiten deutlich weniger Fahrzeuge auf. Er nennt knapp 1250 für Russland verloren gegangene - zerstörte, beschädigte, verlassene und eroberte - Fahrzeuge. Die Ukraine hat nach seinen Erkenntnissen 343 Fahrzeuge verloren. Zu getöteten Soldaten macht Mizer keine Angaben.
Quelle: ntv.de, als/dpa/rts