Polizei leitet Ermittlungen ein Russische Abgeordnete wollen Putin anklagen lassen
13.09.2022, 09:20 Uhr (aktualisiert)
Wer gegen ihn etwas zu sagen hat, muss in Russland mit Verfolgung rechnen: Kremlchef Putin.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Wladimir Putin des Hochverrats anklagen und des Amts entheben: Genau diesen Vorschlag richtet eine Gruppe von Abgeordneten aus Sankt Petersburg an die Staatsduma. Bereits einen Tag später leiten die Behörden Ermittlungen ein - allerdings nicht gegen den Kreml-Chef.
Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Versuche von vereinzelten Abgeordneten und Regionalpolitikern, gegen die Kriegspolitik des Kremls vorzugehen. In Sankt Petersburg ist nun eine Gruppe von Abgeordneten weiter gegangen als jeder ihrer Kollegen vor ihnen. Stadtabgeordnete des Bezirks Smolninskoje richteten am vergangenen Mittwoch an die Staatsduma einen Appell mit dem Vorschlag, den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen Hochverrats anzuklagen. Dies teilte der Abgeordnete Dmitri Paljuga mit.
Auf seinen sozialen Netzwerken veröffentlichte Paljuga das entsprechende Dokument, das seinen Angaben zufolge von der Mehrheit der zum Zeitpunkt der Abstimmung anwesenden Stadtabgeordneten gebilligt worden ist.
Die Behörden reagierten umgehend - allerdings anders, als von den Abgeordneten gewünscht. Sieben der Politiker wurden laut dem unabhängigen russischen Medium "Mediazona" von der Polizei vorgeladen. Gegen sie werde nun wegen der "Diskreditierung der Armee" ermittelt.
"Anzeichen einer Straftat"
"Unserer Meinung nach zeigen sich seit dem Beginn der Sonderoperation auf dem Gebiet der Ukraine in den Handlungen des Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin Anzeichen einer Straftat, die im Artikel 93 der Verfassung der Russischen Föderation beschrieben wird - Hochverrat", heißt es in dem Appell. Die Abgeordneten der Staatsduma seien dazu befugt, solche Anschuldigungen gegen den Präsidenten zu erheben, um ihn des Amtes zu entheben.
Die Entscheidung des Präsidenten, die Ukraine anzugreifen, "gefährdet die Sicherheit Russlands und seiner Bürger", heißt es in dem Appell weiter. Seit dem 24. Februar dieses Jahres würden junge russische Bürger sterben oder zu Invaliden gemacht.
Außerdem machen die Verfasser darauf aufmerksam, dass der Rückzug ausländischer Unternehmen vom russischen Markt und die Abwanderung der gebildeten Bevölkerungsschichten nicht spurlos am ökonomischen Wohlstand der Bürger vorbeiziehen kann.
Abgeordnete: Putin erreicht das Gegenteil seiner Versprechen
"Der NATO-Block erweitert sich weiter nach Osten", stellen die Abgeordneten zudem fest - obwohl der Präsident immer wieder erklärt hat, dass solch ein Vorgehen die Sicherheit des Landes gefährden würde. "Doch aufgrund des Verhaltens des Präsidenten treten nun Schweden und Finnland der NATO bei. Als Folge verlängert sich die Grenze zwischen Russland und den NATO-Staaten um das Doppelte."
Auch in einem weiteren Punkt würde Putin genau das Gegenteil dessen erreichen, was er predigt. "Eines der vom Präsidenten Russlands erklärten Ziele ist die Entmilitarisierung der Ukraine. Doch wir sehen das genaue Gegenteil. Während der Sonderoperation hat die Ukraine moderne Technik im Wert von 38 Milliarden Dollar erhalten."
"Im Rahmen seiner eigenen Rhetorik schadet Putin der Sicherheit der Russischen Föderation", erklärte Paljuga in einem Interview mit der investigativen russischen Plattform "The Insider" die Motive hinter dem Appell. "Wir wollen den Menschen zeigen, dass es Abgeordnete gibt, die mit dem aktuellen Kurs nicht einverstanden sind und glauben, dass Putin Russland schadet. Wir wollen den Leuten zeigen, dass wir keine Angst haben, darüber zu sprechen."
Eine erste Version dieses Textes erschien bei Stern.de.
(Dieser Artikel wurde am Freitag, 09. September 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de