Angst vor der Justiz Russische Anwaltsgruppe gibt auf
19.07.2021, 03:57 Uhr
Die Anwaltsorganisation vertrat unter anderem Menschen aus dem Umfeld des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
Die russische Anwaltsorganisation "Komanda 29" vertritt russische Bürger, die wegen Verrats oder Spionage angeklagt sind. So auch die Bewegung um den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny. Nun muss die Gruppe selbst Strafverfolgung fürchten und sieht sich zur Auflösung gezwungen.
Eine Juristengruppe, die die Organisationen des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny vor Gericht vertreten hatte, hat sich wegen befürchteter juristischer Verfolgung aufgelöst. Die bisher in der Gruppe "Komanda 29" zusammengeschlossenen Anwälte wollen die Fälle ihrer Mandanten künftig unabhängig voneinander weiter betreuen, erklärte die Organisation am Sonntag bei Telegram.
Laut "Komanda 29" war die Webseite der Gruppe am Freitag auf Antrag der Staatsanwaltschaft von der russischen Telekom-Aufsichtsbehörde blockiert worden. Die Ermittler werfen den Anwälten demnach eine Verbindung zu einer in Russland als "unerwünscht" erklärten tschechischen Organisation vor. Ein 2015 in Kraft getretenes Gesetz ermöglicht es, "unerwünschten" Organisationen die Arbeit in Russland zu verbieten, ihren Mitgliedern drohen bis zu sechs Jahre Haft.
"Komanda 29" dementierte jegliche Verbindung zu der tschechischen Organisation. Die Gruppe könne das Vorgehen der Behörden jedoch nicht ignorieren, die drohende "nächste Stufe des Angriffs" könnten strafrechtliche Schritte gegen Mitglieder oder Unterstützer von "Komanda 29" sein. Die Gruppe habe daher ihr gesamtes Archiv und ihre Online-Veröffentlichungen gelöscht und sich aufgelöst.
Vorwurf des "Extremismus"
Der bisherige Chef der Organisation war bereits im April wegen des Vorwurfs verhaftet worden, Informationen aus einem laufenden Ermittlungsverfahren weitergegeben zu haben. In "Komanda 29" hatten sich 2015 Anwälte zusammengeschlossen, die sich auf die Verteidigung von wegen Verrats oder Spionage angeklagten Russen spezialisiert haben. In jüngster Zeit hatte die Gruppe die Organisationen des inhaftierten Kreml-Kritikers Nawalny vertreten, denen "Extremismus" vorgeworfen wird.
Ein Moskauer Gericht hatte Nawalnys regionales Unterstützernetzwerk und seine Antikorruptions-Stiftung im Juni als "extremistisch" eingestuft und mit sofortiger Wirkung verboten. Kurz zuvor war in Russland ein Gesetz in Kraft getreten, das Mitglieder von als "extremistisch" eingestuften Organisationen von Wahlen ausschließt.
Nawalny hatte im vergangenen August einen Anschlag in Russland mit einem Nervengift überlebt, für den er den Kreml verantwortlich macht. Nach seiner Behandlung in Deutschland wurde er bei seiner Rückkehr im Januar in Russland festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt. Das Urteil stieß international auf scharfe Kritik.
Nawalny gilt als wichtigster Widersacher von Präsident Wladimir Putin. Seine Unterstützer kritisieren das Vorgehen der Justiz gegen den 45-Jährigen und dessen Organisationen sowie gegen seine Antikorruptions-Stiftung als politisch motiviert.
Quelle: ntv.de, ino/AFP