Kampf um den Nordpol Russland schafft Fakten in der Arktis
24.04.2015, 21:15 Uhr
Russische Infanteristen bei einer Übung.
(Foto: imago stock&people)
Im Arktischen Rat trifft Russland auf den Westen. Die Ukraine-Krise und die Aufrüstung im Polarmeer könnten die Zusammenkunft überschatten. Doch Russland setzt ohnehin auf andere Mittel, seine Interessen durchzusetzen.
Die karge Gegend rund um Iqaluit im Norden Kanadas liegt die meiste Zeit des Jahres unter einer Schneedecke. Seit sich die Umwelt nördlich des Polarkreises verändert und die Schneedecke dünner wird, bekommt die Region die Aufmerksamkeit der Außenpolitiker. Das Schwinden des Eises ermöglicht den Zugang zu Bodenschätzen und öffnet neue Handelsrouten. Wem diese Bodenschätze gehören, wie man die Handelsrouten schützt und wie Umwelt und Bewohner geschützt werden, das sind die Themen des "Arktischen Rates", einer Organisation, in der Diplomaten aus Kanada, Russland, Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Island und den USA zusammenkommen. An diesem Freitag treffen sich die Außenminister dieser Staaten in Iqaluit, dem 7000-Einwohner-Dorf inmitten einer Eiswüste. Nur alle zwei Jahre findet eine solche Sitzung statt.
Dänen, Kanadier, Norweger und Russen haben jeweils Daten geliefert, die belegen sollen, dass der Nordpol ihnen gehört. Mit der Gründung des Arktischen Rates 1996 war die Hoffnung verbunden, dass die Aufteilung der Region mit friedlichen Mitteln vonstattengehen könnte. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.Zwar gibt es ein UN-Gremium, das Seegrenzen zuständig ist. Die "Festlandsockelgrenzkommission" (CLCS) soll herausfinden, wie der Meeresgrund unter dem Eis beschaffen ist und dann eine Empfehlung abgeben, wem das Gebiet zugesprochen wird. Doch lange bevor eine Entscheidung gefallen ist, schafft vor allem einer der Anrainerstaaten Fakten.
Abwehrraketen und Kampfjets
Russland stellte schon 2007 eine Fahne auf dem Grund des Meeres auf. Und dabei blieb es nicht. 2013 sagte der stellvertretende Verteidigungsminister: "Wir sind in die Arktis zurückgekehrt, und zwar für immer. Sie ist russisches Gebiet." Er kommentierte damit die Verlegung eines Flottenverbandes gen Norden. Seitdem rücken immer mehr russische Schiffe in das Gebiet ein. Im Februar 2015 sagte der Verteidigungsminister, Russland werde seine Interessen in der Arktis notfalls mit militärischen Mitteln verteidigen.

Die Ansprüche Dänemarks (rosa markiert), reichen bis weit in Gewässer, die Russland als russisch betrachtet.
Und im März reiste Präsident Wladimir Putin zur Nordflotte, als diese sich mit einem Großmanöver in Gefechtsbereitschaft versetzte. Beteiligt waren 38.000 Soldaten, sowie dutzende Schiffe und U-Boote. Im Norden des Festlandes entstehen neue Militärflughäfen und Radarstationen. Und erst vor zwei Wochen gab Russland bekannt, dass es seine "Nordflanke" nun mit Panzir-Luftabwehrraketen und MiG-31-Kampfjets schützen will.
In der Arktis könnten sich künftig Szenen abspielen wie im Ostchinesischen Meer, wo Japan und China um möglicherweise rohstoffreiche Inselgruppen streiten. Die Situation drohte schon mehrfach zu eskalieren, weil beide Seiten mit ihrer Marine präsent sind.
Lawrow entgeht der Standpauke
Seit der Ukraine-Krise ist das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen angespannt. Russland flog aus der Runder der G8, der Nato-Russland-Rat wurde eingestellt. Der Arktische Rat wäre ein gutes Forum, um im Gespräch zu bleiben und in der Arktis nicht die nächste Front entstehen zu lassen.
Die Kanadier, die nun zwei Jahre lang die Präsidentschaft des Arktischen Rates innehatten, wollten das Forum aber auch nutzen, um in Sachen Ukraine eine "deutliche Nachricht" an Russland zu senden, schreibt die "Washington Post". Kanada gehört im Westen zu den Hardlinern, was die außenpolitische Linie gegenüber Russland angeht.
Doch diese Nachricht wollte sich der russische Außenminister Sergej Lawrow wohl nicht anhören. Er bleibt dem Treffen fern und schickt stattdessen nur den Umweltminister. Der Arktische Rat kann damit die harmonische Runde bleiben, die er immer war. Für die Lösung der Gebietsstreitigkeiten in der Arktis setzt Russland offenbar lieber auf andere Wege.
Quelle: ntv.de