"Zeitplan ist unglücklich"SPD-Entscheid gegen Bürgergeld-Verschärfungen bleibt wohl folgenlos

Teile der SPD-Basis lehnen die von der schwarz-roten Bundesregierung geplanten Bürgergeld-Sanktionen ab. Doch deren dreimonatiges Mitgliederbegehren wird voraussichtlich erst enden, wenn das Gesetz bereits beschlossen ist.
Das SPD-Mitgliederbegehren gegen die geplante Bürgergeld-Reform dürfte voraussichtlich erst nach Abschluss der Gesetzgebung im Bundestag enden. Der Start des Mitgliederbegehrens sei vom Parteivorstand in Abstimmung mit den Initiatorinnen auf 23. Dezember festgelegt worden, hieß es in Parteikreisen in Berlin. Das eigentliche Begehren läuft demnach längstens drei Monate. Die "Bild am Sonntag" hatte berichtet, die Koalition wolle die Bürgergeld-Reform bereits Anfang März im Bundestag beschließen – rund drei Wochen vor dem voraussichtlichen Abschluss des SPD-Begehrens. Vor Weihnachten hatte das Bundeskabinett die Reform auf den Weg gebracht.
Mit dem Begehren wollen Kritiker in den Reihen der SPD die Bürgergeld-Reform mit der Möglichkeit von Komplettsanktionen für sogenannte Totalverweigerer stoppen, weil sie soziale Härten fürchten. Ende November habe der Vorstand eine Onlineplattform zum Sammeln von Unterschriften bereitgestellt, so die SPD. Ein Quorum der ersten Stufe wurde demnach am 19. Dezember erfüllt. Das Begehren gilt nur dann als zustande gekommen, wenn mindestens 20 Prozent der Mitglieder zustimmen.
Sophie Ringhand, Thüringer Jusos-Chefin und Erstunterzeichnerin des Begehrens, bedauerte in der "Bild am Sonntag" den Zeitplan: "Es wäre im Sinne der Parteikultur angemessen, Rücksicht auf die Stimmen in der Partei zu nehmen. Aber es besteht für die Fraktion keine Pflicht. Der Zeitplan ist unglücklich, aber nicht zu ändern."
Mitinitiator Denny Möller forderte eine Verschiebung der Reform. "Ich erwarte von der SPD-Spitze, dass sie das Mitgliederbegehren ernst nimmt. Das parlamentarische Verfahren darf nicht abgeschlossen werden, bevor das Mitgliederbegehren beendet und ausgewertet ist", sagte er der Zeitung.
Mit der Reform, die SPD-Chefin Bärbel Bas als Arbeitsministerin nach den Vorgaben der Koalition entworfen hatte, soll der Name "Bürgergeld" gestrichen werden. Die neue Grundsicherung soll nach strengeren Kriterien als bisher fließen. Die Jobcenter sollen der Vermittlung in Arbeit Vorrang geben.
In der letzten Kabinettssitzung vor Weihnachten war der Gesetzentwurf im Kabinett beschlossen worden. Betroffen sind rund 5,5 Millionen Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld. In der Regierung waren bis zuletzt Details beim geplanten kompletten Wegfall von Leistungen umstritten gewesen.
Eine komplette Streichung der Leistungen soll künftig möglich sein, wenn Beziehende des staatlichen Geldes für das Jobcenter nicht erreichbar sind. Bei drei versäumten Einladungen zu Terminen sollen Jobcenter die Überweisungen einstellen. Psychisch Erkrankte sollen vor einem Wegfall der Leistungen geschützt werden.
Bundeskanzler Friedrich Merz und die Union hatten sich ursprünglich große Milliarden-Einsparungen von einer Reform in dem Bereich erhofft. Nun sollen bei Bund, Ländern, Kommunen und Bundesagentur für Arbeit im kommenden Jahr unterm Strich zunächst nur 86 Millionen Euro weniger fällig werden.