App-Benachrichtigung zu wenig Scheuer fordert Einführung von Warn-SMS
20.07.2021, 14:41 Uhr
Bundesverkehrsminister Scheuer fordert im Katastrophenfall die Warnung per SMS.
(Foto: picture alliance/dpa)
Bundesverkehrsminister Scheuer und andere Politiker sprechen sich für Warn-SMS im Katastrophenfall aus. Warn-Apps würden von zu wenigen Menschen genutzt. Doch bis zu einer flächendeckenden Einführung müssten zunächst einige Hürden genommen werden.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gefordert, dass Betroffene in Zukunft per SMS gewarnt werden. "Ich bin dafür, dass wir diese Push-Nachrichten auch über die Mobilfunkanbieter beim Bürger ankommen lassen. Aber das ist immer gescheitert, weil der politische Wille an mancher Stelle gefehlt hat", sagte der CSU-Politiker im "Bild live"-Polittalk.
Menschen in den betroffenen Gebieten wurden letzte Woche teils über Warn-Apps wie Nina oder Katwarn vor Unwettern gewarnt. Nun wird diskutiert, wie die Bevölkerung in Zukunft besser vor ähnlichen Katastrophen gewarnt werden kann. Flächendeckende Warn-SMS gibt es in Deutschland bislang nicht, in anderen Ländern wie den USA sind sie üblich.
"Wir haben die Daten, aber wir müssen jetzt die rechtlichen Möglichkeiten, die Werkzeuge haben, dass unsere Institutionen auch mit diesen Informationen beim Bürger ankommen", sagte Scheuer. "Diese Flutkatastrophe muss ja allen ein Weckruf sein, dass wir jetzt nicht nur die Datenschutz-Diskussion führen, sondern die wirkliche Schutz-Diskussion für die Bürger vor Katastrophen."
Nur zehn Prozent der Deutschen nutzen Warn-Apps
Die rheinland-pfälzische grüne Europaparlamentarierin Jutta Paulus hat die Bundesregierung zu einer schnellen Umsetzung der EU-Richtlinie zum Bevölkerungsschutz im Katastrophenfall aufgefordert. "Katwarn und Nina reichen nicht aus", sagte Paulus. Diese Warn-Apps erreichten nur zehn Prozent der Bevölkerung. Nötig seien Push-Dienste im Sinne der Richtlinie "EU Alert" von 2018, mit denen alle Mobilfunk-Teilnehmer automatisch mit öffentlichen Warnungen erreicht werden könnten. Sirenen könnten dann zusätzlich auch diejenigen erreichen, die kein Smartphone hätten.
"Man kann mir nicht erzählen, dass es unausweichlich war, dass wir in dieser Katastrophe fast 200 Todesopfer haben", sagte Paulus. "Push-Nachrichten aufs Smartphone werden in anderen Ländern für öffentliche Warnungen sehr lebhaft genutzt." In Deutschland sei es versäumt worden, den Mobilfunkanbietern die Auflage zu machen, solche "Cell-Broadcast"-Systeme einzurichten.
"Was wir auch brauchen, ist eine bessere Koordinierung und Verzahnung", sagte die Europa-Abgeordnete. Die rechtzeitige und geografisch sehr präzise Warnung des Europäischen Hochwasser-Warnsystems sei in den Kreisen und Gemeinden zwar angekommen, aber nicht in ihrer ganzen Tragweite wahrgenommen worden. "Im Zuge der Klimakrise werden solche Starkregen- und Extremwetterereignisse sicherlich zunehmen", erwartet Paulus.
Mittlerweile zeigt sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe offen für die Forderung und lässt die Einführung eines solchen Systems prüfen, wie Behördenpräsident Armin Schuster den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland sagte. "Mein Ziel ist es, über eine Machbarkeitsstudie festzustellen, ob eine Einführung von 'Cell Broadcasting' sinnvoll und realisierbar ist." Mit einem Ergebnis sei im Herbst zu rechnen.
Telefonnummern müssen für Warn-SMS nicht bekannt sein
Mittels Cell Broadcasting können Textnachrichten an alle Mobiltelefone geschickt werden, die sich innerhalb einer bestimmten Funkzelle befinden. So können jeweils die Handynutzer in einer bestimmten Gegend erreicht werden, ohne dass der Stelle, von der die Nachrichten verschickt werden, deren Telefonnummern bekannt sein müssten.
"Ich sehe keine Argumente, die komplett dagegen sprechen", sagte Schuster zur möglichen Einführung eines solchen Systems in Deutschland. "Es gilt aber, eine Reihe von Themen durchzusprechen. Denn bisher bietet kein Mobilfunkanbieter das System an. Und es ist teuer." Allein die Startinvestitionen würden auf Kosten von 20 bis 40 Millionen Euro geschätzt.
"Auch an datenschutzrechtliche Aspekte ist zu denken", fügte Schuster hinzu. "Manche Bürger werden sich zum Beispiel fragen: Woher wissen die Behörden eigentlich, wo ich bin?" All diese Fragen könnten geklärt werden, aber nicht von heute auf morgen.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP