Steinmeier-Ausladung "im Weg" Scholz will vorerst nicht nach Kiew reisen
02.05.2022, 19:52 Uhr
Kanzler Scholz will "besonnen und mit klarem Verstand handeln".
(Foto: Thomas Kierok/ZDF/dpa)
Während mehrere Politiker einen Ukraine-Besuch ankündigen, erteilt der Kanzler einer möglichen Reise eine Absage. Als Grund nennt er die Ausladung von Bundespräsident Steinmeier. Scholz verteidigt zudem seinen Kurs im Ukraine-Krieg. Den Vorwurf, zu zögerlich zu entscheiden, weist er zurück.
Bundeskanzler Olaf Scholz will wegen der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier durch die ukrainische Seite vorerst nicht in die Hauptstadt Kiew reisen. Es sei "ein ganz bemerkenswerter Vorgang" gewesen, den gerade mit großer Mehrheit wiedergewählten Bundespräsidenten auszuladen, sagte der SPD-Politiker in der ZDF-Sendung "Was nun?". Scholz stellte mit Blick auf eine eigene Reise klar: "Das steht der Sache im Weg."
Auf die Frage, wie das aufgelöst werden könne, sagte der Kanzler: "Erstmal muss es für uns als Demokratinnen und Demokraten dazugehören, dass wir über diese Sache keinen Zweifel haben: Das kann man nicht machen." Scholz fügte hinzu: "Es kann nicht funktionieren, dass man von einem Land, das so viel militärische Hilfe leistet, so viel finanzielle Hilfe leistet, das gebraucht wird, wenn es um die Sicherheitsgarantien geht, die für die Zeit der Ukraine in der Zukunft wichtig sind, dass man dann sagt: Der Präsident darf aber nicht kommen." Zu der geplanten Kiew-Reise von CDU-Chef Friedrich Merz sagte Scholz, dieser habe ihn über seine Pläne informiert. "Ich habe da keine Einwendungen." Er billige die Reise.
Der geplante Besuch von Steinmeier war Mitte April geplatzt, weil die ukrainische Seite ihn auslud. Er wollte zusammen mit den Staatschefs von Polen, Lettland, Estland und Litauen nach Kiew fahren, die schließlich ohne ihn aufbrachen. Steinmeier steht wegen seiner früheren Russlandpolitik als Außenminister in der Ukraine in der Kritik. Inzwischen hat er Fehler in der Bewertung von Kreml-Chef Wladimir Putin und in seiner Einschätzung beispielsweise der Pipeline Nord Stream 2 eingeräumt.
"Habe immer schnell entschieden"
Den Vorwurf der Zögerlichkeit bei der Unterstützung der Ukraine im Abwehrkrieg gegen Russland wies Scholz derweil zurück. "Ich habe immer schnell entschieden, zusammen mit allen anderen, mich mit den Verbündeten abgestimmt", sagte er. "Aber mein Kurs ist schon, dass wir besonnen und mit klarem Verstand handeln."
Die Regierung treffe keine Entscheidung im Stil einer PR-Abteilung - "immer noch was drauf oder niemals etwas". Scholz betonte, die geleistete finanzielle und militärische Hilfe Deutschlands und anderer Staaten habe dazu beigetragen, "dass die ukrainische Armee, die wirklich sehr erfolgreich agiert, jetzt so lange durchhalten kann gegen einen so übermächtigen Gegner". Man werde die ukrainische Armee dabei weiter unterstützen.
Der Kanzler forderte seinen Vorgänger und Parteikollegen Gerhard Schröder erneut auf, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Es sei "völlig unvertretbar, spätestens seit dem Kriegsbeginn unmöglich", dass der frühere Bundeskanzler diese Aufgaben weiter wahrnehme, sagte Scholz. Ein Bundeskanzler könne seinem Vorgänger aber "keine Befehle geben", fügte er hinzu.
Schröder steht massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht von seinen Posten bei russischen Energieunternehmen trennt. Er war schon kurz nach dem Ausscheiden aus seinem Regierungsamt 2005 bei der Pipeline-Gesellschaft Nord Stream eingestiegen. Dort ist er immer noch Vorsitzender des Gesellschafterausschusses. Außerdem ist er Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft und im zuständigen Handelsregister nach wie vor als Verwaltungsratspräsident der Nord Stream 2 AG eingetragen. Für den Aufsichtsrat des russischen Gas-Giganten Gazprom ist er nominiert.
Quelle: ntv.de, chf/dpa