"Auch ich war dabei" Scholz würdigt Demos gegen Umsiedlungspläne
19.01.2024, 15:48 Uhr Artikel anhören
"Es läuft einem eiskalt den Rücken herunter", sagt der Kanzler in seiner Ansprache.
(Foto: picture alliance/dpa)
In einer Videobotschaft wertet der Bundeskanzler das Potsdamer Geheimtreffen als "Angriff auf uns alle". Millionen Menschen seien von den rechtsextremen Umsiedlungsplänen betroffen, "unser demokratisches Deutschland" sei in Gefahr, führt Scholz aus und lobt die Demonstrationen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat das kürzlich bekannt gewordenen Potsdamer Treffen, bei dem über die massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland gesprochen wurde, verurteilt. Die bei dem Geheimtreffen erörterten Pläne von Rechtsextremen und AfD-Politikern seien "ein Angriff auf unsere Demokratie - und damit auf uns alle", sagte Scholz in einer Videobotschaft. Rechtsextremisten wollten "unseren Zusammenhalt zerstören". Deshalb seien nun "alle gefordert, klar und deutlich Stellung zu beziehen: Für Zusammenhalt, für Toleranz, für unser demokratisches Deutschland".
Aus Protest gegen die Pläne seien in diesen Tagen Hunderttausende auf die Straße gegangen, "um Gesicht zu zeigen - für unsere Demokratie und gegen Rechtsextremismus", sagte Scholz weiter. "Auch ich war dabei - auf einer großen Kundgebung bei mir zu Hause in Potsdam. Denn das, was wir gerade hier in unserem Land erleben, geht uns wirklich alle an - jede und jeden von uns." Wenn etwas in Deutschland "nie wieder Platz haben" dürfe, sei es "die völkische Rassenideologie der Nationalsozialisten".
Scholz sagte, dass von den Vertreibungsplänen "Millionen von Menschen" betroffen wären. "Bei diesem Gedanken läuft es einem eiskalt den Rücken herunter", sagte Scholz. Dass sich Menschen nun fragten, ob sie in Deutschland noch eine Zukunft hätten, sei "fürchterlich". "Deshalb möchte ich Ihnen allen sagen: Sie gehören zu uns! Unser Land braucht Sie!", sagte Scholz. Er verwies dabei auch auf die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die der Bundestag am Freitag beschlossen hatte.
"Keine Toleranz für Intoleranz"
"Wer für sich und seine Familie sorgt, wer sich für unser Land entscheidet und unsere Werte teilt, der kann den deutschen Pass künftig nach fünf Jahren erwerben, statt wie bisher nach acht", sagte Scholz. Dabei müsse niemand, der hier lebe und seinen Beitrag leiste, "seine Wurzeln verleugnen." Gleichzeitig müssten alle, die sich einbürgern lassen, ein eindeutiges Bekenntnis "zu den Grundwerten unserer demokratischen Verfassung" ablegen. "Rassismus, Antisemitismus und andere menschenfeindliche Gesinnungen sind mit einer Einbürgerung nicht vereinbar", sagte Scholz. "Keine Toleranz für Intoleranz."
In der vergangenen Woche hatte die Rechercheplattform Correctiv ein Geheimtreffen von AfD-Politikern, Rechtsextremisten und Unternehmern aufgedeckt. Die Teilnehmer trafen sich der Recherche zufolge im November bei Potsdam, um über die Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu beraten. Als Reaktion gingen in den vergangenen Tagen mehrere zehntausend Menschen gegen Rechts auf die Straße. Zahlreiche weitere Demonstrationen sind geplant. Die Enthüllungen befeuern auch die Debatte über ein mögliches Verbot der AfD.
Quelle: ntv.de, mau/AFP