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861.000 Menschen betroffen Bericht: Schwarz-Rot diskutiert Streichung von Pflegegrad 1

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Eine Tagespflegekraft bei Pflegebedürftigen im bayerischen Mellrichstadt.

Eine Tagespflegekraft bei Pflegebedürftigen im bayerischen Mellrichstadt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt in Deutschland - auch in den kommenden Jahren. Die Bundesregierung setzt eine Arbeitsgruppe ein, um die Finanzierung zu sichern. Diese diskutiert einem Bericht zufolge auch den Wegfall des niedrigsten Pflegegrads. Diesen Menschen wird etwa beim Duschen und Einkaufen geholfen.

In der schwarz-roten Koalition wird einem "Bild"-Bericht zufolge über eine mögliche Abschaffung des Pflegegrads 1 diskutiert. Hintergrund sind demnach die finanziellen Probleme in der Pflegeversicherung. Führende Politiker von Union und SPD hätten bestätigt, dass über eine solche Kürzung nachgedacht werde, heißt es in dem Bericht.
Offizielle Aussagen dazu gibt es bisher keine. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums verwies auf Anfrage lediglich auf eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, die derzeit Vorschläge für eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung erarbeitet.

Die AG befasse sich umfassend mit allen Einnahmen und Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung. "Dies umfasst unter anderem auch die Pflegegrade und deren Ausrichtung, um weiterhin eine zielgerichtete Versorgung sicherzustellen", so die Sprecherin. Ergebnisse könnten nicht vorweggenommen werden, damit die Kommission offen diskutieren könne. Erste Zwischenergebnisse seien im Oktober zu erwarten.

Mit dem Pflegegrad (Stufen 1 bis 5) wird der jeweilige Unterstützungsbedarf pflegebedürftiger Menschen festgelegt, unter anderem abhängig davon, wie selbstständig jemand im Alltag etwa beim Anziehen, Toilettengang oder der Verpflegung noch ist. Pflegegrad 1 steht für geringe Beeinträchtigungen, Pflegegrad 5 für einen sehr hohen Unterstützungsbedarf. Laut Bundesgesundheitsministerium hatten Ende 2024 rund 4,8 Millionen Menschen einen Pflegegrad, davon 861.000 Pflegegrad 1.

Jährlich knapp zwei Milliarden Euro Ersparnis

Bei Pflegegrad 1 bekommen pflegende Angehörige kostenfreie Pflegekurse. Es gibt finanzielle Zuschüsse zum Beispiel zum Einbau einer barrierefreien Dusche und für Pflegehilfsmittel wie Betteinlagen. Außerdem werden pro Monat bis zu 131 Euro (sogenannter Entlastungsbetrag) erstattet, etwa wenn ein Pflegedienst beim Duschen, Einkaufen oder Wäschewaschen hilft. Die Streichung des Pflegegrads 1 würde demnach pro Jahr etwa 1,8 Milliarden Euro einsparen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte vor einer Abschaffung. Dessen Hauptgeschäftsführer Joachim Rock sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Die Abschaffung der Pflegestufe 1 wäre ein fatales Signal - zum einen an die Menschen, die von leichten Einschränkungen betroffen sind. Zum anderen aber auch an die pflegenden Angehörigen."

80 Prozent der Menschen in der Pflege würden zu Hause betreut. Geld aus der Pflegestufe 1 entlaste derzeit "gerade die pflegenden Angehörigen, etwa mit Einkaufshilfen oder Putzdiensten", betonte Rock.

Die Kosten für die Pflege steigen wegen der Alterung der Gesellschaft und der Zunahme Pflegebedürftiger. Die Pflegeversicherung steckt in Finanznöten. Die im Sommer eingerichtete Bund-Länder-AG soll Vorschläge für eine Reform der Pflegeversicherung machen, die im kommenden Jahr in ein Gesetzgebungsverfahren einfließen sollen.

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP

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