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"Schritt für Schritt" Selenskyj: Ohne US-Hilfen muss Ukraine sich zurückziehen

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Selenskyj war unter der Woche auf Truppenbesuch.

Selenskyj war unter der Woche auf Truppenbesuch.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Für die Ukraine ist die militärische Lage derzeit angespannt. In einem Interview skizziert Präsident Selenskyj, was passieren würde, sollte das von Russland überfallene Land keine US-Hilfen mehr bekommen. Auch erneuert er sein Werben für weitere Marschflugkörper.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor einer weiteren Blockade von US-Militärhilfen im Kongress. "Wenn es keine US-Unterstützung gibt, bedeutet das, dass wir keine Flugabwehr haben, keine Patriot-Raketen, keine Störsender für die elektronische Kriegsführung, keine 155-Millimeter-Artilleriegeschosse", sagte Selenskyj im ausführlichen Interview mit der "Washington Post". "Das bedeutet, dass wir zurückweichen, uns zurückziehen, Schritt für Schritt, in kleinen Schritten", sagte er.

Selenskyj sprach auch über weitere Themen. Die militärische Lage skizzierte er mit einem Beispiel. "Wenn man 8000 Schuss pro Tag braucht, um die Frontlinie zu verteidigen, aber nur 2000 Schuss zur Verfügung hat, muss man weniger tun", erklärte er. Die Lösung sei, die Frontlinie zu verkürzen. "Wenn sie bricht, könnten die Russen in die großen Städte gehen."

Die ukrainischen Truppen suchten einen Weg, um sich nicht zurückziehen zu müssen. Nach dem Fall von Awdijiwka im vergangenen Februar, sagte Selenskyj, "haben wir die Lage stabilisiert dank kluger Schritte unseres Militärs". Welche das waren, lässt er offen. Gleichzeitig erklärte er: Sollte die Frontlinie in ihrer aktuellen Form stabil bleiben, sei die Ukraine in der Lage, genug Brigaden für eine neue Gegenoffensive zu trainieren.

Ruf nach ATACM-Marschflugkörper

Die Ukraine ist nach Ansicht ihres Präsidenten auch zu einem neuerlichen Gegenstoß gezwungen. "Wenn man keine Schritte nach vorne unternimmt, um eine weitere Gegenoffensive vorzubereiten, wird Russland das machen", erklärte Selenskyj. Das sei das, was ihm der Krieg gelehrt habe: "Wenn man etwas nicht tut, wird Russland es tun."

Zudem verteidigte Selenskyj im Gespräch mit der "Washington Post" die ukrainischen Angriffe auf die russischen Öl-Depots. Laut der US-Zeitung hat es in Washington Gerüchte gegeben, dass US-Beamte vor solchen Angriffen gewarnt hätten. "Die Reaktion der USA war nicht positiv", bestätigte Selenskyj. Jedoch verwende Kiew eigene, selbst gebaute Waffen. "Wir haben unsere Drohnen eingesetzt. Niemand kann uns sagen, dass ihr das nicht dürft."

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Selenskyj erneuerte auch seine Bitte nach den US-Marschflugkörpern vom Typ ATACM. "Wenn Russland Raketen hat und wir nicht, greifen sie mit Raketen an: Alles - Gas, Energie, Schulen, Fabriken, zivile Gebäude", sagte er. Zuletzt hatten die russischen Raketen die Hafenstadt Odessa und weitere Ziele getroffen. "ATACM-300s, das ist die Antwort", erklärte Selenskyj. Die Raketen haben laut Hersteller eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern.

Der ukrainische Präsident stellte jedoch klar, dass sich die Ziele der Raketen nicht in Russland befänden - sondern Flugplätze auf der ukrainischen Halbinsel Krim, die der Kreml vor zehn Jahren illegal annektiert hatte. "Wenn Russland weiß, dass wir diese Jets zerstören können, werden sie nicht von der Krim aus angreifen. Es ist wie mit der Seeflotte. Wir haben sie aus unseren Hoheitsgewässern vertrieben. Jetzt werden wir sie von den Flughäfen auf der Krim vertreiben."

Quelle: ntv.de, ses/rts

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